Karriere bei der Bundeswehr

PROTESTE Ein Job wie jeder andere? Gegen eine Informationsveranstaltung zur Ausbildung als Soldat bei der Arbeitsagentur demonstriert das Bremer Friedensforum

„Sicherer Arbeitsplatz“ steht für die 19-Jährigen an erster Stelle.

von Eiken Bruhn

Christine Eden will ganz sicher gehen. „Niemand wird von uns oder der Bagis gezwungen, zur Bundeswehr zu gehen“, sagt die stellvertretende Leiterin der Bremer Arbeitsagentur und kurz darauf, man hatte sich eigentlich schon verabschiedet: „Dies ist eine freiwillige Veranstaltung.“

Daran zweifeln jetzt wohl nicht einmal mehr die Demonstranten vor dem Berufsinformationszentrum Biz, die mit Transparenten „gegen Zwangsrekrutierung der Jugend für den Krieg“ protestieren. Nur zwei Männer sind durch die kleine Schar gelaufen, sie interessieren sich für eine „Karriere bei der Bundeswehr“, so der Titel des Vortrags im Biz. Die beiden 19-Jährigen Roman John und Marcel Soyke gehören eigentlich nicht zur Zielgruppe der dringend gesuchten Hochschulabsolventen. Sie machen eine Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker – kein Problem, versichert ihnen der Offizier Sönke Harm. „Wir können alle gebrauchen – außer vielleicht Erzieher.“

Harm erklärt, was die beiden bei der Bundeswehr erwartet, Ausbildungsstufen und Verdienstmöglichkeiten. Und dass man sich klar machen müsse, dass das kein Job wie jeder andere sei, das Tragen von Waffe und Uniform gehöre dazu, wie die Möglichkeit, zu einem Einsatz ins Ausland geschickt zu werden. Und: „Wenn ihr euch verpflichtet, ist es schwierig, da wieder heraus zu kommen.“ Dass man erwähnen müsse, wie gefährlich ein Einsatz im Kriegsgebiet ist, glaubt er nicht. „Das ist den meisten klar“, sagt der 28-Jährige, der seit 2001 bei der Bundeswehr arbeitet, selbst vier Mal im Kosovo war und einen Bruder hat, der neun Mal im Auslandseinsatz war, gerade ist er in Afghanistan.

Soyke und John nicken, beide kommen aus Familien, in denen viele Verwandte im Krieg waren. Gestorben ist dabei niemand, geben sie auf Nachfrage einer Demonstrantin zu. Sie selbst hätten keine Angst, aber die Freundinnen, die Mütter, „ja, die schon“, sagen sie, und dass sie schon immer Soldat werden wollten. „Bundeswehr ist mein Ding“, sagt John. Der Offizier Sönke Harm möchte trotzdem noch etwas genauer wissen, warum sie sich für den Beruf interessieren. „Sicherer Arbeitsplatz“ steht für beide an erster Stelle. „Mit der Wirtschaftskrise wird das ja nicht leichter außerhalb der Bundeswehr einen Job zu finden.“

Dass die Bundeswehr in ihrer Suche nach Personal direkt von der Krise profitiere, glaubt Harm nicht. Fünf bis zehn Prozent mehr Bewerbungen verzeichne die Bundeswehr derzeit in seinem Zuständigkeitsbereich in der Region Bremen, „woran das liegt, wissen wir nicht“.

Seit einem Jahr hält Harm Vorträge in Arbeitsagenturen und Schulen, regelmäßig auch in Bremen, dem einzigen Ort, wo es wie gestern Demonstrationen gibt. Auf einem Flugblatt heißt es, „immer mehr entscheiden sich für die Uniform“, um „einem Leben in Armut“ und dem Zwang, bei den Eltern zu wohnen, zu entgehen. Belegen können die Leute vom Bremer Friedensforum diese Behauptung nicht. „Aber“, sagt die Friedensaktivistin Eva Böller, „ich möchte einfach nicht, dass im zivilen Bereich für die Bundeswehr geworben wird, da gehört sie nicht hin“. Es ärgert sie, wenn Berater bei der Arbeitsagentur die Bundeswehr als Alternative anpreisen. Eine Bekannte von ihr erzählt: „Meiner 18-jährigen Tochter wurde geraten, sich nicht so sehr auf ihren Berufswunsch festzulegen, gerade junge Frauen hätten doch so gute Aufstiegschancen bei der Bundeswehr.“