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Wenn jetzt auch noch dafür gesorgt würde, dass Beleidigungen nicht nur dann strafrechtl. verfolgt werden, wenn sie gegen die angeblichen Eliten der Gesellschaft (StaatsdienerInnen, Bonzen, Pfaffen) ausgesprochen werden, sondern auch dann, wenn ganz normale BürgerInnen die Leidtragenden sind, dann würde die BRD einem Rechtsstaat wenigstens ein Stückchen näher kommen.
Tatsächlich jedoch wird bei Beleidigungsklagen ganz normaler BürgerInnen von den StA regelmäßig gar nicht erst ermittelt, weil angeblich "kein öffentliches Interesse" daran bestehe.
Dabei unterstellen die StA so vorsätzlich wie falsch, dass ihr eigenes und/oder das staatl. Interesse zumindest irgend eine Deckung mit dem Begriff "öffentlich" aufweisen, was selbstverständlich völliger Unsinn ist (genau wie der Begriff "Öffenlicher Dienst" anstelle des einzig passenden: "Staatsdienst":
Der Staatsdienst hat nämlich als Dienst FÜR die Gesellschaft bzw. Öffentlichkeit stattzufinden und repräsentiert diese nicht - einzige Ausnahme: der Bundespräs..).
Dass die StA bei "Übler Nachrede" und "Verleumdung" (Rufmord) genauso verfahren, macht die Sache nicht besser.
Meiner bescheidenen Ansicht nach sollte man den Tatbest. "Beleidigung" ganz aus dem StGB streichen:
Erstens, weil 99,5 % der Beleidigungen (wie z.B. "Arschloch", "Idiot", "Penner" etc.) schlicht lächerlich sind, zweitens, weil es weder hinnehmbar ist, dass irgendwelche SesselfurzerInnen entscheiden, dass dieselbe Beleidigung mal strafbar ist und mal nicht (s.o.), noch, dass Heerscharen von von uns Steuerzahlern fürstlich bezahlten StA ihre Zeit mit solchem Quatsch verplempern.
Ganz anders bei "Übler Nachrede" und erst recht "Verleumdung": diese Straftatbestände ruinieren die Leben der Opfer und müssten dementsprechend IMMER geahndet werden; außerdem befürworte ich zusätzlich eine Erhöhung der jeweilign Mindest- und Höchststrafen, da man einem Menschen imho kaum etwas Schlimmeres antun kann als speziell Verleumdung.
Es wäre schön, wenn an öffentliche Äußerungen von Politikern (als "Kritik" an nicht Machthabenden) dann noch eher strengere Maßstäbe angelegt werden, z.B. wenn sie ungeliebte Bevölkerungsgruppen als "Idioten" bezeichnen (aus meiner Sicht auf ähnlichem Niveau wie "gehirnamputiert"). Auch wenn das Volksverhetzung ist und nicht individuelle Beleidigung...
Gut, dass hier endlich begonnen wird, diesen uferlosen Verunglimpfungen Grenzen zu setzen! Eine Erleichterung! Vielleicht wird das der Anfang zu einer Beendigung solch drastischer Beleidigungen.
Nach dem Eklat bei ihrer Rede in Frankfurt ist Kulturstaatsministerin Roth abgetaucht. Nicht nur junge Jüdinnen und Juden warten auf Antworten.
Karlsruher Beschluss zu Renate Künast: Bloßes Pöbeln ist keine Machtkritik
Grünenpolitikerin Künast bekommt vom Bundesverfassungsgericht Recht. Gezielte Hetze im Netz darf nicht sein.
Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Renate Künast Foto: Christian Thiel/imago
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Hetz-Kommentaren gegen Renate Künast kommt nicht überraschend. Die Berliner Gerichte haben es in vier Entscheidungen – zwei Mal beim Landgericht, zwei Mal beim Kammergericht – nicht geschafft, die ausgewogenen Karlsruher Vorgaben zur Abwägung von Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit korrekt umzusetzen.
Wenn jemand Renate Künast als „Gehirn Amputiert“ bezeichnet, dann ist das eben kein schutzwürdiger Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, sondern dient nur der emotionalisierenden Stimmungsmache. Die Äußerungen sind auch nicht im kleinen Kreis gefallen, sondern im großen, weiten Internet.
Solche Abwägungen verlangt das Bundesverfassungsgericht und sie werden bei einem Großteil der noch strittigen Äußerungen zum Ergebnis führen, dass Künast hier strafbar beleidigt wurde. Die von Karlsruhe stets hochgehaltene Freiheit zur Machtkritik ist eben mehr als die Freiheit zur bloßen Pöbelei.
Wer sich mit Künasts Positionen zur grünen „Kindersex“-Debatte der 1980er Jahre auseinandersetzen will, kann dies weiter tun und darf dabei auch drastische Worte verwenden. Das ist alles von der Meinungsfreiheit gedeckt, solange es um Argumente geht.
Tatsächlich hat Künast 1986 im Berliner Abgeordnetenhaus einen missverständlichen Zwischenruf gemacht, als sie einen CDU-Abgeordneten darauf hinwies, die NRW-Grünen wollten nur „gewaltfreien“ Sex mit Kindern entkriminalisieren.
Künasts alte Äußerung kann man kritisieren. Sie kann aber keine Rechtfertigung sein, daraus ein falsches Künast-Zitat zu basteln, indem eine erfundene „doch ganz ok“-Zustimmung angehängt wird. Der rechte Blogger Sven Liebich ist dafür strafrechtlich verurteilt worden. Also können auch seine Follower, die sich über das falsche Zitat dann so richtig aufgeregt haben, nicht sonderlich schutzwürdig sein. Natürlich muss Künast von ihnen die Unterlassung dieser Hetze verlangen können.
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Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1995 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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