Kanzleramt sagt Spähaffäre ab: Pofalla gibt den Entwarner
Das Kanzleramt hält die Vorwürfe der massiven Ausspähung durch die USA und Großbritannien für widerlegt. Die Opposition bezweifelt das.
BERLIN taz | Schon auf dem Weg zur Sondersitzung der Geheimdienstkontrolleure im Bundestag hatte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla am Montagmorgen freudig orakelt: „Das wird heute eine gute Sitzung.“ Und das Versprechen ging in Erfüllung – zumindest aus Sicht der Bundesregierung.
Fünfeinhalb Stunden später trat der für die Geheimdienstkoordination zuständige CDU-Mann aus dem Kanzleramt erneut vor die Mikros und verkündete: Der Vorwurf der „Totalausspähung“ deutscher Bürger durch britische und US-Geheimdienste sei „vom Tisch“.
Nach hochrangig besetzten Gesprächen in Washington und London hätten die USA wie auch Großbritannien der Bundesregierung schriftlich zugesichert, sich in Deutschland an deutsches Recht zu halten. Die NSA habe konkret erklärt, sich „an alle Abkommen“ zu halten, die mit der deutschen Bundesregierung geschlossen worden seien. Zudem habe der US-Geheimdienst zugesichert, nichts zu unternehmen, „um deutsche Interessen zu schädigen“. Die Erklärung aus Großbritannien habe sogar der Außenminister höchst persönlich unterzeichnet, referierte Pofalla mit Genugtuung.
Für die Bundesregierung, vertreten durch ihren Geheimdienstkoordinator, steht damit fest: „Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung.“ Bei den Millionen von Datensätzen, die der BND monatlich an die NSA weiterreicht, handele es sich um Auslandsaufklärung, die deutsche Bürger nicht betreffe.
„Noch lange nicht alles aufgeklärt“
Der Spähskandal also nichts als ein ganz großes Missverständnis? Angeheizt von einer Opposition im Wahlkampfmodus? So zumindest versuchten Unionspolitiker die Ergebnisse der geheimen Sitzung am Montag zu verkaufen. Nach Ansicht des CDU-Abgeordneten Michael Grosse-Brömer hat sich das Thema für das Parlamentarische Kontrollgremium damit sogar ganz erledigt. Die für nächsten Montag angesetzte Sitzung könne ausfallen, sagte er.
Wenig überraschend sieht die Opposition das anders. „Es ist noch lange nicht alles aufgeklärt“, bemängelte der Grünen-Politiker Christian Ströbele. Er wisse bis heute nicht, welche Daten deutsche Bürger von US-Behörden abgesaugt, gespeichert und ausgewertet worden seien.
Der SPD-Innenpolitiker Thomas Oppermann warnte, der BND habe nach wie vor nicht einmal beziffern können, wie viele Datensätze aus der Auslandaufklärung er tatsächlich den US-Behörden weiterreiche. Auch die Erklärung der NSA, sich an alle Abkommen mit der Bundesregierung zu halten, ist für Oppermann „nicht viel wert“. Schließlich existiere bislang gar keine Vereinbarung, die es dem US-Geheimdienst verbiete, Bundesbürger mit Programmen wie Prism oder XKeyscore auszuforschen.
Das könnte sich nun ändern. Die USA haben der Bundesregierung offenbar als Konsequenz aus der Geheimdienstaffäre die Aushandlung eines Anti-Spionage-Abkommens angeboten. Laut Pofalla soll der BND noch in diesem Monat die Gespräche für das so genannte „No-Spy-Abkommen“ aufnehmen.
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