Kampf ums Rote Rathaus: Die Würfel sind gefallen
Parteitage von SPD, Linkspartei und Grünen legen sich auf die Spitzenkandidaten fest. Franziska Giffey, Klaus Lederer und Bettina Jarasch im Rennen.
![Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator von Berlin, Michael Müller (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister, und Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen), Wirtschaftssenatorin von Berlin, sitzen bei einer Pressekonferenz auf einem Podium Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator von Berlin, Michael Müller (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister, und Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen), Wirtschaftssenatorin von Berlin, sitzen bei einer Pressekonferenz auf einem Podium](https://taz.de/picture/4828539/14/218622064-1.jpeg)
W ie zitierte doch jüngst der Nicht-Römer, aber gleichfalls machtorientierte Markus Söder einen Machthaber früherer Zeiten, Julius Cäsar? „Alea iacta est“, die Würfel sind gefallen.
Das lässt sich nach dem vergangenen Wochenende nun auch für die Abgeordnetenhauswahl am 26. September sagen. Kandidaten und Programme stehen weitgehend fest, Franziska Giffey, Klaus Lederer und Bettina Jarasch sind bei Parteitagen von SPD, Linkspartei und Grünen von den eigenen Leuten noch mal ausgiebig beklatscht worden. Spätestens ab jetzt gilt: Außerhalb der eigenen Blase jene begeistern, die der jeweiligen Partei nicht mehr allzu viel abgewinnen können (vor allem Giffey) oder die einen noch gar nicht kennen (vor allem Jarasch).
Die im Juni nochmals tagende CDU hingegen – große Umfrageverliererin des parteiinternen Söder-Laschet-Machtkampfs – kann vorerst nur hoffen, dass sie genauso stark auch in die andere Richtung mitgerissen wird, falls sich der Abwärtstrend auf Bundesebene wieder wendet. Sechs Prozentpunkte haben die Berliner Christdemokraten in der jüngsten Insa-Umfrage weitgehend ohne eigenes Zutun verloren. Von 22 Prozent auf 16 sind sie abgerutscht, während die Grünen von 18 Prozent auf 25 stiegen.
Eine Sache fällt bei dieser Umfrage noch mehr ins Auge: Die SPD, die auf Bundesebene – obwohl es ja nicht bei ihr, sondern bei der CDU einen Führungsstreit gab – auf nur noch 13 Prozent abgesackt ist, hat in Berlin gegen den Trend leicht hinzugewonnen und liegt nun bei 19 Prozent. Trotz pandemiebedingten Ausfalls großer Wahlkampfveranstaltungen scheint sich allmählich die Bekanntheit und persönliche Beliebtheit von SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey bemerkbar zu machen. Seit Wochen tourt die Noch-Bundesministerin in kleinem Stil, aber medienwirksam durch die Bezirke. Und das zieht offenbar.
Ein Wettlauf mit der Zeit
Für sie und die Sozialdemokraten wird es ein Wettlauf mit der Zeit: Werden bis spätestens Ende der Sommerferien genug Menschen geimpft sein, damit große Wahlveranstaltungen erlaubt sind? Damit Giffey die größtmögliche Zahl von Menschen erreichen kann? Denn Talkshows und digitale Kandidatenrunden hin oder her – die Neuköllner Ex-Bürgermeisterin begeistert am meisten im direkten Kontakt.
Zusätzlich spannend macht die Sache dabei, dass die drei aktuellen Koalitionspartner mit so unterschiedlichen Ansagen oder zumindest interpretationsfähigen Äußerungen zu künftigen Bündnissen in den Wahlkampf gehen. Während die Linkspartei den konservativen Part gibt, nichts ändern und in jetzigen rot-rot-grüner Zusammensetzung weitermachen will, gibt es bei den Grünen dafür bloß eine Priorisierung, allerdings unter grüner Führung.
Eine „Ausschließeritis“ von Optionen lehnt Jarasch nach den Erfahrungen der Thüringen-Wahl 2020 ab. Giffey erweckte hingegen kürzlich in einem Interview den Eindruck, sich für ein Bündnis mit CDU und FDP erwärmen zu können – dem in der aktuellen Umfrage aber drei bis vier Prozentpunkte zu einer Mehrheit im Parlament fehlen.
Der von dem Bayern Söder zitierte Römer Cäsar hat an anderer Stelle noch etwas gesagt: „Veni, vidi, vici“, ich kam, sah und siegte. Während das Sätzchen mit den Würfeln für alle passt, wird diese Worte am 26. September mit Blick auf das Rote Rathaus nur einer oder – mutmaßlich – eine sagen können.
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