Kampf um Fotos von Schanzen-Demo: Kein guter Tag für die Polizei
Dem Verbot zum Trotz: Netzwerk „Recht auf Stadt“ hält im Schanzenviertel „Talkshow“ gegen Zwangsräumungen ab. Versuchter Polizei-Übergriff auf taz-Fotografen.
Es war nicht der Tag der Polizei: Einem zuvor ausgesprochenen Verbot zum Trotz hat das Netzwerk „Recht auf Stadt“ am Samstag eine angekündigte „Talkshow“ zum Thema Zwangsräumungen wie geplant auf der Schanzenstraße durchgeführt. Die Polizei erlitt noch eine weitere Niederlage – beim Versuch, dabei entstandene Pressefotos zu beschlagnahmen.
Die Versammlung gegen Zwangsräumung wegen Mietrückstands war von der Polizei nicht genehmigt worden. Dietrich Wunder, Chef der Versammlungsbehörde, hatte vergangene Woche die Auffassung vertreten, das Aufstellen einer Bühne sowie von Stühlen mit der dazugehörigen Beschallung sei in diesem Fall nicht „versammlungsimmanent“. Erlauben wollte er lediglich eine 15-minütige Kundgebung. Daraufhin zogen die Veranstalter ihre Anmeldung zurück – und kündigten an, sie erwarten nun die erste Wahlkampfkundgebung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unter freien Himmel nur mit einem Megaphon.
Dennoch fanden sich 300 Menschen mit Bänken und Klappstühlen auf der Schanzenstraße ein, um über die Vertreibung von Mietern aus ihren Wohnungen zu diskutieren. Mit dabei hatten sie Transparente mit der Aufschift „Zwangsräumungen verhindern“ oder „Stop Eviction“. Auch die eingeladenen Talk-Gäste vom Berliner Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ erschienen – unter ihnen der zwangsräumungserfahrene Ali Gülbol. Bald rückte die Polizei an – in Gestalt einiger eher irritiert wirkender Beamter.
„Obwohl wir Recht haben, haben wir Unrecht bekommen“, erzählte Gülbol. Inzwischen müssten in Berlin bei Zwangsräumungen bis zu 800 Polizisten und Hubschrauber eingesetzt werden. Schuld an den Mietrückständen, die dazu führten, sei das System, in dem der soziale Wohnungsbau eingestellt worden sei und die Job-Center Hartz-IV-Betroffenen die Zahlung der steigenden Mieten verweigerten.
Simone Borgstede aus der Hamburger Hafenstraße verwies auf den erfolgreichen Kampf im spanischen Sevilla, wo Eigentümer von Wohnungen sich gegen die Banken mit der Besetzung ihres Domizils zur Wehr setzen. Auch in Hamburg habe es im vorigen Jahr 1.600 Zwangsräumungen gegeben – nahezu unbemerkt.
Die Kampagne „Mietenwahnsinn stoppen“ versucht nun, dagegen ein Netzwerk aufzubauen. „Wir wollen keine Sozialarbeit, sondern eine politische Arbeit machen“, sagt Sprecher Martin Reiter. Das bedeute nicht, dass man nicht auch Hilfe anbiete.
Gegen 19.30 Uhr, zwei Stunden nach Ende der Talkshow wäre es dann beinahe doch noch zur Eskalation gekommen. Polizisten des Lerchenreviers wollten vom Fotografen Hendrik Doose, für die taz im Einsatz, Fotos beschlagnahmen. Doose hatte Stunden zuvor eine Gruppe Zivilfahnder fotografiert. Vor dem „Dschungel“ in der Schanzenstraße kam zu Rempeleien zwischen Polizisten und herbeigeeilten Personen. Erst als Polizeisprecher Andreas Schöpflin ans taz-Handy zu bekommen war, brachen seine Kollegen ihr Vorgehen ab: Polizisten im Einsatz haben kein Recht am eigenen Bild.
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