Kampf gegen Verkehrsdreck in Berlin: Tempo 30 hilft – ein bisschen
Langsamer fahren reduziert die Belastung mit Stickstoffdioxid. Das ergibt die Auswertung des Pilotversuchs an der Leipziger Straße.
Auf der teils engen, von hohen Häusern gesäumten Hauptstraße gilt seit 9. April 2018 eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer. Bis April 2019 wurden dort die NO2-Werte gemessen und ausgewertet.
Ergebnis: Im Jahresdurchschnitt und bereinigt um wetterbedingte Einflüsse ist die Stickstoffdioxid-Belastung durch die Geschwindigkeitsreduzierung um 4 Prozent gesunken. In Zahlen sind das eine Reduzierung um 2,3 Mikrogramm pro Kubikmeter; im Winter, also den Monaten Dezember 2018 bis März 2019, fiel der Rückgang mit fast 5 Mikrogramm deutlich größer aus.
Die Leipziger Straße gehört zu den besonders stark belasteten Straßen in Berlin. 2018 lag der CO2-Wert dort im Schnitt bei 59 Mikrogramm pro Kubikmeter; der EU-Grenzwert beträgt 40 Mikrogramm.
Die gemessene Reduzierung des NO2-Gehalts zwischen Markgrafenstraße und Potsdamer Platz durch die Geschwindigkeitsbegrenzung gehe einher mit einer auch allgemein geringeren NO2-Belastung: Denn wie die Untersuchung ergab, hat sich im Zeitraum April 2018 bis April 2019 an allen Untersuchungsorten in Berlin ein Rückgang gegenüber dem entsprechen Vorjahreszeitraum herausgestellt, nämlich um rund 3 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Ein Mix aus Maßnahmen
Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) bewertet die Ergebnisse der Studie deswegen positiv: „Auch in der Leipziger Straße zeigt sich: Die Anordnung von Tempo 30 führt zu weniger Beschleunigungsvorgängen und damit zu besserer Luft“, erklärte sie. Gerade in hoch belasteten Straßen wie der Leipziger sei jede Reduzierung der NO2-Belastung „wichtig und willkommen“. Ein Mix aus stadtweiten und örtlich wirkenden Maßnahmen „bringe den gewünschten Effekt“. Gemeint sind damit zum Beispiel Dieselfahrverbote, Nachrüstung schmutziger Fahrzeuge und die Ausweitung der kostenpflichtigen Parkplätze.
Zudem hätten sich befürchtete negative Auswirkungen durch das Tempolimit nicht eingestellt, so die Untersuchung: Weder der Auto- noch der Lastwagenverkehr sei auf andere Strecken ausgewichen. Die BVG-Busse seien auf der gesamten Länge der Strecke Leipziger, Potsdamer und Hauptstraße etwa fünf Minuten langsamer unterwegs.
Tempo 30 auf fünf Hauptstraßen
Auf vier weiteren Hauptverkehrsstraßen war 2018 ebenfalls aus umweltschutztechnischen Gründen Tempo 30 angeordnet worden. Auch dort werden die Auswirkungen überprüft. Mitte dieses Jahres sollen alle Ergebnisse vorliegen. Mindestens bis dahin werden diese fünf Straßen Tempo-30-Zonen bleiben. An der Leipziger Straße werden zudem derzeit vom Bezirk Mitte die Durchfahrtsverbotsschilder für ältere Dieselmodelle montiert.
Berlin überschreitet die europäischen Grenzwerte für gesundheitsgefährdende NO2-Emissionen wie Dutzende andere deutsche Städte. 2018 betrug der Jahresmittelwert, der sich aus einem Netz von Messstellen speist, 46 Mikrogramm je Kubikmeter. 2017 waren es 51, im Jahr davor 52 Mikrogramm. Der Senat sieht sich vor diesem Hintergrund und unter dem Druck zahlreicher Gerichtsurteile gezwungen, den EU-Grenzwert einzuhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert