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Kampf gegen TierkrankheitVieh wegen Maul- und Klauenseuche gekeult

Um den Virusausbruch in Brandenburg zu stoppen, wird möglicherweise infiziertes Vieh getötet. Nicht-EU-Länder könnten deutsche Agrarimporte verbieten.

Auf Seuchenpirsch: Männer in Schutzkleidung und mit Gewehren gehen zu einem Stall eines betroffenen Hofs in Brandenburg Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz/dpa | Die Behörden haben am Montag weiter versucht, den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) bei Nutztieren in Brandenburg zu begrenzen. Auf einem Agrarbetrieb in Schöneiche bei Berlin würden 55 Ziegen und Schafe sowie 3 Rinder vorsorglich gekeult, sagte eine Sprecherin des Landkreises Oder-Spree. Der Hof habe Heu von dem Betrieb in dem Ort Hönow bezogen, wo das Virus in Proben von Wasserbüffeln nachgewiesen worden war. Zuvor waren bereits rund 170 Schweine im Landkreis Barnim getötet worden, weil dieser Tierbestand in der Nähe des Ausbruchsorts liegt.

Zwar ist die Krankheit laut dem bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit nicht auf den Menschen übertragbar. Aber der potenzielle ökonomische Schaden für die Landwirtschaft ist enorm. Denn für Klauentiere wie Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine ist MKS eine hochansteckende Viruserkrankung. Besonders betroffen sind Milchrinder. Infizierte Tiere leiden zum Beispiel an hohem Fieber sowie Blasenbildung an Maul und Klauen; die Kühe geben weniger Milch.

Für die Landwirte ist auch problematisch, dass viele Staaten außerhalb der EU Importe von beispielsweise Schweinefleisch aus Ländern mit MKS-Ausbrüchen verbieten. Im aktuellen Fall haben das laut Bundesagrarministerium bereits unter anderem Südkorea und Mexiko angekündigt. Der Handel mit Agrarprodukten, die nicht aus den Sperrzonen stammen, sei innerhalb der EU weiterhin möglich, so ein Sprecher des Ministeriums.

Der Schweinesektor hat nicht viel zu verlieren, denn nachdem 2020 in Deutschland auch die Afrikanische Schweinepest ausgebrochen war, haben die meisten Drittländer – allen voran China – bereits Importe von Schweinefleisch aus der Bundesrepublik untersagt. Für die Milchbranche aber steht viel auf dem Spiel. Milchprodukte gehören zu den wichtigsten Exporten der deutschen Landwirtschaft. Sollten nun große Auslandsmärkte wegfallen, würden die Milchpreise wohl sinken.

„Wir haben es satt“-Demonstration in Berlin

Die Wir haben es satt-Demo wird wegen des Infektionsrisikos auf Traktoren verzichten

Noch sei es aber zu früh, die ökonomischen Schäden abzuschätzen, ergänzte der Ministeriumssprecher. Tatsächlich ist nicht einmal klar, wie weit sich die Seuche in Deutschland verbreitet. Der einzige Fund war bislang in dem Betrieb mit den Wasserbüffeln in Brandenburg.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, forderte Bund und Länder auf, das Seuchengeschehen, „mit aller Kraft und konsequent“ zu bekämpfen: „Es muss alles darangesetzt werden, um diesen Ausbruch einzudämmen“, sagte Rukwied. Der Schaden sei erheblich, weil Exportmärkte wegfielen. Er verlangte dafür auch schon „Lösungen, die die Tierhalter entlasten“. Die Landwirte erhalten zwar für getötete Tiere Entschädigungen aus der Tierseuchenkasse, aber nicht für indirekte Einbußen etwa durch niedrigere Preise.

Die Veranstalter der „Wir haben es satt“-Demonstration für eine Agrarwende am 18. Januar in Berlin haben bereits Konsequenzen aus dem Ausbruch gezogen: Anders als bei ihren Demos in den Vorjahren werden Landwirte nicht mit Traktoren an der Kundgebung teilnehmen. „Uns ist das Risiko zu groß, dass zum Beispiel infizierter Mist an Treckern klebt und so das Virus durch die Gegend fährt“, sagte der taz Xenia Brand, Bundesgeschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.

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