Kampagne der Kanzlerin: Merkel setzt auf Krisenwahlkampf
Von Debatten über das CDU-Profil oder Steuersenkungen will die Chefin nichts mehr wissen. Die Diskussion über soziale Unruhen greift sie dankbar auf.
BERLIN taz| Wenige Tage nach der Wahlkampferöffnung der SPD hat auch die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Kampagne eingeläutet. Sie tat das am Freitag allerdings nicht in einer großen Veranstaltungshalle vor tausenden Zuhörern, sondern im bescheidenen Rahmen der Berliner Parteizentrale vor einer Versammlung von Kreisvorsitzenden ihrer Partei.
Damit ist der Rahmen schon gesteckt: Nicht als Parteipolitikerin will Merkel bis September punkten. Sondern als souveräne Krisenmanagerin, die alles meidet, was allzu direkt nach Stimmenfang aussieht. "Es wird ein ungewöhnlicher Wahlkampf, weil es keine Zeit sein wird, wo Zeit für Mätzchen ist", sagte sie. Nicht einmal einen eigenen Wahlparteitag haben die Christdemokraten vorgesehen.
Bemerkenswert beiläufig wischte Merkel die letzten Reste der christdemokratischen Profildebatte beiseite, fast so, als kämen ihr die düsteren Konjunkturprognosen innerparteilich sogar gelegen. Angesichts der ernsten Probleme gehe es nicht darum, sich etwas auszudenken, "was uns möglichst stark von anderen unterscheidet", erläuterte Merkel ihren Parteifreunden. Die CDU müsse die Krise als außergewöhnlich wahrnehmen. "Einfach bei dem stehen bleiben, was immer schon richtig war, das wird nicht gelingen."
Einen solchen Abschied auf Raten deutete Merkel auch bei den Steuersenkungen an, die ihre Partei im Wahlprogramm in Aussicht stellen will. Es werde Entlastungen geben, versprach Merkel - "wo immer sich nach der Krise Spielräume eröffnen". Das Programm will die CDU Ende Juni beschließen. Bereits für Mai wird jedoch die neue Steuerschätzung erwartet, die schon bei den jetzigen Steuersätzen gewaltige Haushaltslöcher offenbaren wird.
Als Aufgaben für die Haushaltspolitik nannte Merkel zunächst Konsolidierung und Investitionen, erst an dritter Stelle kam sie auf Entlastungen zu sprechen. Mit Blick auf die SPD, die eine Anhebung des Spitzensteuersatzes fordert, lautet die Sprachregelung jetzt nur noch: "Mit uns gibt es keine Steuererhöhungen."
Dankbar griff Merkel die Debatte über soziale Unruhen als mögliche Folge der Wirtschaftskrise auf, die DGB-Chef Michael Sommer und SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan losgetreten hatten. Es sei "völlig unverantwortlich, jetzt Panik zu verbreiten und Ängste zu schüren", sagte sie vor den Kreisvorsitzenden.
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