Kambodschas Testwahl: Hun Sen ist nicht mehr unumstritten
Bei der Kommunalwahl verliert die seit 30 Jahren regierende Volkspartei von Ministerpräsident Hun Sen erstmals relativ viele Sitze.
Erstmals nach dem Bürgerkrieg und der Herrschaft der Roten Khmer ist nicht garantiert, dass der seit über 30 Jahren amtierende Premierminister Hun Sen und seine Kambodschanische Volkspartei (CPP) die Macht behalten – trotz Hun Sens Wahlkampfslogan: „Ich oder Krieg.“
Chamroeun Sok ist überglücklich. „In meiner Heimatprovinz Kampot und auch in Phnom Penh hat die CNRP die Kommunalwahl gewonnen“, schreibt der 45-Jährige in einer Facebook-Nachricht.
Chamroeun hat, wie viele seiner Landsleute, genug von Korruption und Vetternwirtschaft. Wirtschaftlich geht es zwar bergauf, aber der bescheidene Wohlstand ist extrem ungleich verteilt.
„Ich bin arm“, sagt der Tuk-Tuk-Fahrer in Phnom Penh, der am Tag rund sieben Dollar verdient. Den Löwenanteil gibt er für die Schulbildung seiner Tochter aus. „Die soll es mal besser haben.“
Opposition siegt in mehr als einem Viertel der Kommunen
Laut dem inoffiziellen Wahlergebnis war die oppositionelle CNRP in 482 der 1.642 Kommunen siegreich. Das ist ein gewaltiger Erfolg. Bei der letzten Kommunalwahl 2012 konnte die Opposition, die damals noch aus der Sam-Rainsy-Partei und der Menschenrechtspartei bestand, gerade mal 40 Kommunen für sich verbuchen.
Damit beherrschft die CPP künftig nicht mehr 97 Prozent der Kommunen, sondern nur noch 70 Prozent. Die Kommunalwahl war mit einer hohen Wahlbeteiligung von rund 85 Prozent nach Ansicht von unabhängigen Wahlbeobachtern ziemlich reibungslos und einigermaßen fair verlaufen.
Größter Kritikpunkt sind die Horden von Soldaten in Zivil, die plötzlich in Wahlkreisen abstimmten, in denen CPP und CNRP fast gleichstark waren.
Das amtliche Wahlergebnis, das erst Ende Juni feststehen wird, ist ambivalent. „Keine der beiden Seiten kann behaupten, die Oberhand gewonnen zu haben“, sagt der politische Analyst Ou Virak in Phnom Penh in einer E-Mail an die taz.
Die CNRP habe zwar prozentual ungefähr ihr Ergebnis der Parlamentswahl von 2013 halten können, aber der „Schwung von damals ist anscheinend ins Stocken geraten“. Die CPP, so Ou Virak, sei „sicher erleichtert, dass ihr Ergebnis nicht peinlicher ausgefallen ist, obwohl sie über das stärkere landesweite Netzwerk verfügt und fast alle Kommunen kontrolliert hat“.
2013 schrammte die CPP knapp an der Niederlage vorbei, nach Ansicht vieler nur durch Wahlmanipulation. Mit Zuckerbrot, Milliarden aus China und Peitsche versucht Hun Sen seitdem, seinem Regime und Netzwerk, das Kambodschas Ressourcen ausplündert, die Macht zu sichern.
Hun Sens Kriegsrhetorik verfängt nicht
Dazu gehören Drohungen wie diese: „Die Kambodschanische Volkspartei muss Wahlen gewinnen, und zwar jede Wahl … Es wird Krieg geben, wenn die CPP nicht mehr das Land kontrolliert.“
Aber die Kriegsrhetorik hat nicht verfangen. „Die Zeiten sind vorbei, in denen sich Hun Sen als Garant von Frieden und Stabilität präsentieren konnte“, sagt Ali al-Nasani, Büroleiter der der Heinrich-Böll-Stiftung telefonisch aus Phnom Penh. „Die junge Generation ist für dieses Argument nicht mehr empfänglich.“
Bis zur Parlamentswahl im Juli 2018 kann noch viel passieren. Wird Hun Sen weiterhin Kritiker und Oppositionspolitiker mithilfe einer willfährigen Justiz ins Gefängnis stecken? Oder wird er der Versuchung erliegen, mittels des neuen Parteiengesetzes die CNRP aufzulösen?
Das würde aber wahrscheinlich das Volk auf den Plan rufen, wie 2013, als nach der Parlamentswahl Hunderttausende gegen den Wahlbetrug auf die Straße gingen. Al-Nasani sagt: „2018 ist noch völlig offen. Das Land ist aber auf einem guten Weg. Die Wähler sind mündiger geworden und die CPP kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass sie automatisch gewählt wird.“
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