Kahlschlag bei Springer-Zeitungen: Fusionitis in Meck-Pomm

Springer mischt den Norden auf und will die Region mit einem "Ostsee-Mantel" beglücken. Dadurch nimmt die Vielfalt und Konkurrenz ab.

Ihre ersten Seiten sollen gleich aussehen. Bild: dpa

Mecklenburg-Vorpommern hat wunderbare Strände, herrliche Seen, wenig Menschen und kaum Zeitungen. Mit der Pressevielfalt ist es wie in allen ostdeutschen Bundesländern nicht weit her: Gerade einmal drei Titel - Ostsee-Zeitung (Rostock), Schweriner Volkszeitung und der Nordkurier aus Neubrandenburg - haben sich den größten Teil des Landes aufgeteilt. Höchstens wo deren Verbreitungsgebiete aneinanderstoßen, gibt es noch so etwas wie lokale Konkurrenz. Jetzt droht weiterer Kahlschlag.

Die Lübecker Nachrichten aus dem benachbarten Schleswig-Holstein wollen mit der Rostocker Ostsee-Zeitung gemeinsame Sache machen, beim Nordkurier in Neubrandenburg wird laut und vernehmlich über Veränderungen bei den heute noch 13 Lokalredaktionen nachgedacht - Auflösungen nicht ausgeschlossen. Und auch bei der Schweriner Volkszeitung, bei der seit 2005 der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (sh:z) das Sagen hat, halte zunehmend eine "Flensburger Weltsicht" Einzug, so die Gewerkschaft Ver.di - spätere Synergien, also Personalabbau, nicht ausgeschlossen.

Seit den gestrigen Tarifgesprächen bei den Lübecker Nachrichten in Sachen Ostsee-Zeitung ist klar: Langfristig sollen beide Verlage fusionieren, schon im April soll eine eigene GmbH zur Produktion weiter Teile des Mantels, also der überregionalen Inhalte für beide Blätter, die Arbeit aufnehmen. Hier sollen nach Gewerkschaftsangaben 30 bis 40 RedakteurInnen arbeiten. In den nächsten fünf Jahren sollen rund ein Viertel der heute zusammen 800 Stellen bei beiden Verlagen abgebaut werden. Wie diese "kleine Lösung" konkret aussehen soll, sei dabei noch "höchst unklar", sagt Robert Haberer, Betriebsratsvorsitzender der Ostsee-Zeitung. Auf der Betriebsversammlung am Mittwoch sei die Stimmung "sehr kritisch gewesen": Denn was nach dem Gemeinschafts-Mantel komme, sei weiter unklar.

Klarer wird das Bild, wenn man sich die Eigentumsverhältnisse anschaut: Ostsee-Zeitung wie Lübecker Nachrichten gehören mehrheitlich Springer Und Springer hat mit Thomas Ehlers genau den Mann nach Norden geschickt, der schon in Berlin Fusionsexperte war: Ehlers hatte ab 2002 die Zusammenlegung von Welt und Berliner Morgenpost gemanagt. Und dabei über 100 Stellen in der Redaktion "eingespart".

Dem Deutschen Journalistenverband machen Springers Nordpläne noch weitere Sorgen: Der künftige gemeinsame Mantel soll als "Ostseemantel" auch anderen Verlagen im Norden angeboten werden. Das heißt vor allem: dem Regionalzeitungsnetz um die Kieler Nachrichten. Die gehören praktischerweise übrigens auch anteilig Springer. Der Nordkurier gehört übrigens zu 33 Prozent - den Kieler Nachrichten und damit auch wieder indirekt zu Springer. Dort hat immerhin ein erstes Gespräch mit der Geschäftsführung in Sachen geplante "Umstrukturierungen" stattgefunden, doch die Verlagsseite "spiele auf Zeit", kommentiert Ver.di. Auch dort trifft man übrigens auf alte Bekannte. Der neue Nordkurier-Geschäftsführer Lutz Schumacher hatte 2007 für seinen damaligen Arbeitsgeber die Münstersche Zeitung saniert, indem er die ganze Redaktion an die Luft setzte.

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