Kabinett verabschiedet Schutzprogramm: Spott über geschrumpftes Klimapaket

Nach viel Streit hat das Kabinett das zweite Klimapaket verabschiedet. Das sei "wie ein Gletscher im Klimawandel", lästern Kritiker: Es sei ständig geschrumpft.

Die Vorschriften für Neubauten sollen ab 2009 strenger werden Bild: dpa

BERLIN taz Vom monatelangen Streit war nichts zu spüren, als die drei Bundesminister Michael Glos (Wirtschaft, CSU), Wolfgang Tiefensee (Verkehr und Bau, SPD) und Sigmar Gabriel (Umwelt, SPD) am Mittwoch - allesamt mit grün gestreiften Krawatten - vor die Presse traten, um das zweite Klimaschutzpaket der Regierung vorzustellen. Das Bündel von Gesetzen und Verordnungen sei "ein richtiges Signal" (Glos) von "hoher Tragweite" (Tiefensee) und "weltweiter Vorbildfunktion" (Gabriel). Und auch wenn durch höhere Maut, neue Stromnetze und besser gedämmte Häuser bis zum Jahr 2010 Gesamtkosten von 313 Milliarden Euro anfallen, soll das Klimapaket insgesamt eine Entlastung bringen: dank der dadurch eingesparten Energie seien die Regierungspläne ein "Geldsparprogramm", sagte Gabriel. Und auch sein Gegenspieler Glos musste zustimmen: "Gerade in Zeiten steigender Energiepreise ist ein Programm für mehr Effizienz das richtige Signal."

Dass der Streit hinter den Kulissen keineswegs ausgestanden ist, zeigt sich erst beim Blick auf die Details. So sind vor allem auf Druck des Wirtschaftsministeriums viele Ausnahmen in die Gesetze aufgenommen wurden; andere geplante Vorhaben mussten komplett verschoben werden, weil die Ministerien sich nicht einigen konnten. Nicht nur der Sachverständigenrat, der die Regierung in Umweltfragen berät, kritisierte die "Zugeständnisse" an die Wirtschaft und stellte fest: "Das Klimaprogramm reicht nicht aus." Auch Gabriel räumte ein, dass die Regierung ihr selbst gestecktes Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent des Werts von 1990 zu reduzieren, mit den bisher beschlossenen Gesetzen nicht erreichen wird. Nach seinen Berechnungen schafft Deutschland gut 34 Prozent; für den Rest setzt der Umweltminister auf europäische Regeln, etwa zum Flugverkehr. Greenpeace kommt in eigenen Berechnungen auf einen Wert von knapp 30 Prozent CO2-Einsparung bis 2020. Damit würde die Regierung nur halb so viel erreichen wie geplant: Denn heute liegen die Emissionen bereits um gut 20 Prozent unter dem Wert von 1990 - was zur Hälfte auf den Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft zurückzuführen ist.

Entsprechend kritisch fällt die Bewertung von Opposition und Verbänden aus. "Mit dem Klimapaket der Bundesregierung ist es wie mit einem Gletscher im Klimawandel", lästert die grüne Umweltexpertin Bärbel Höhn: "Jedes Mal, wenn man hinschaut, ist es schon wieder geschrumpft." Hans-Kurt Hill, energiepolitischer Sprecher der Linken, wirft dem Umweltminister vor, mit "Wunschzahlen" zu rechnen und den Klimaschutz im Verkehrsbereich aufgegeben zu haben. Selbst der umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kauch, kritisiert, dass die Regierung Einsparpotenziale in Altbauten ungenutzt lasse.

Während sich die Güterverkehrsbranche empört über die Anhebung der Lkw-Maut äußerte, bemängelte der Naturschutzbund, dass diese noch immer nicht die wahren Umweltkosten des Lastverkehrs widerspiegele. Grundsätzliche Kritik an der Energiepolitik der Regierung übte das Bündnis Zukunft statt Kohle, das am Mittwoch eine "Sackgasse" aus Kohle vor dem Kanzleramt aufbaute: Der geplante Bau von 20 neuen Kohlekraftwerken mache die Klimapläne der Regierung zu Makulatur.

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