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Kabarettist Eckart von Hirschhausen"Komik auf Krankenschein"

Der Entertainer und Bestsellerautor Eckart von Hirschhausen fordert Umverteilung und intellektuelle Kultur des Dafürseins, um zu einer glücklicheren Gesellschaft zu gelangen.

BERLIN taz | Der Entertainer, Bestsellerautor und Glücksexperte Eckart von Hirschhausen hält Umverteilung für den logischen Weg zu mehr Glück in allen Teilen der Gesellschaft. „Glück hat mit den Rahmenbedingungen zu tun", sagte er der sonntaz. „Wo Arm und Reich sehr weit auseinander sind, sinkt die Lebensqualität für alle. Deshalb muss man gar nicht links sein, sondern nur vernünftig, um zu sehen, dass Umverteilung zu mehr Glück in der Gesellschaft führt."

Private Glückssuche sei keinesfalls egoistisch. "Menschen, die glücklicher sind, sind sozialer", sagt Hirschhausen. Deshalb fordert er, "dass Glück und Gesundheit Schulfächer werden." Da er von der therapeutischen Kraft des Lachens überzeugt ist, will er außerdem "Komik auf Krankenschein".

Hirschhausen, 42, ist promovierter Arzt und macht "medizinisches Kabarett". Derzeit tourt er mit dem Programm „Liebesbeweise" in ausverkauften Hallen. Sein aktuelles Sachbuch „Glück kommt selten allein" führte monatelang die Bestsellerlisten an. Ab Mai moderiert er in der ARD die Samstagabendshow „Frag doch mal die Maus."

Bild: taz

Das vollständige Interview mit Eckart von Hirschhausen lesen Sie in der aktuellen vom 27./28.3.2010 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.

In dem sonntaz-Gespräch plädiert Hirschhausen für eine intellektuelle Kultur des Dafürseins. „Ich finde, dass viele Intellektuelle in Deutschland auf dem Holzweg sind, weil sie denken, dass ihre intellektuelle Leistung im Meckern bestehen muss. Wie könnte diese Republik aussehen, wenn wir diese geballte Intelligenz nutzen würden, um zu überlegen, wofür wir sind? Eine Haltung des Dafürs zu entwickeln, hat mit Empathie zu tun. Empathie muss gelernt werden: Mitzufühlen, was andere fühlen."

Hirschhausen kritisiert in dem Gespräch das politische Kabarett als "pseudoaufklärerisch". Er selbst sei aufklärerisch. "Ich versuche im Sinne von Kant Menschen dazu bewegen, aus ihrer Situation herauszuwachsen und selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen." Seine Live-Programme könnten Menschen dazu bringen, ihr Leben zu verändern. „Ich kenne Menschen, die am nächsten Tag ihren Job gekündigt haben, weil ihnen schlagartig klar war: Hier werde ich nicht glücklich", sagt er. „Zeigen Sie mir politische Kabarettisten, bei denen die Leute rausgehen und sagen: Jetzt ändere ich mein Leben."

Die Sorge, dass die kleinen, persönlichen Veränderungen zu wenig sind, angesichts der globalen Probleme des 21. Jahrhunderts, teilt Hirschhausen nicht. „Es braucht beides. Was Menschen in ihrem Verhalten ändern, ist selten radikal. Gleichzeitig gibt es aus der Glücksforschung die seltsam anmutende Erkenntnis, dass Menschen sich mehr oder weniger mit jeder Rahmenbedingung arrangieren können."

Diese Erkenntnis möchte Hirschhausen in Politik umgesetzt sehen. „Auf den Bereich Klima übertragen hieße das: Wenn es eine gesetzmäßige Veränderung gebe, dass - sagen wir - der Liter Benzin zehn Euro kostet, dann wäre das schmerzhaft, aber es würde sich schlagartig etwas ändern, und wir würden uns auch damit wieder arrangieren." Seine Kritik: „In der Klimafrage sind viele ordnungspolitische Diskussionen zu zaghaft."

In dem Gespräch verteidigt sich Hirschhausen gegen den Vorwurf der Süddeutschen Zeitung, Texte von Journalisten über ihn zensieren zu wollen. „Das Missverständnis bestand darin, dass die 'SZ' meinte, mein Management würde sich auch vorbehalten, neben Zitaten die anderen Passagen eines Porträts zu 'korrigieren'. Das ist Quatsch, davon war nie die Rede", sagte Hirschhausen.

Die SZ hatte als Beleg eine Mail von Hirschhausens Management abgedruckt. Hirschhausen sieht das Ganze als „Mißverständnis". Die E-Mail sei im Kontext eines Telefonats entstanden und habe „aus dem Kontext gerissen einen falschen Eindruck erweckt."

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13 Kommentare

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  • S
    Serendipity

    „Zeigen Sie mir politische Kabarettisten, bei denen die Leute rausgehen und sagen: Jetzt ändere ich mein Leben."

     

    Hagen Rether.

  • AB
    anne bittner

    EvHs Humor bleibt mir im Hals stecken, weil er selbstgefällig und unfhif zur Selbstkrtk ist.

     

    Seine Moderationen im NDR sind keine, weil er fragen stellt, aber die Antworten interessieren ihn nicht und hört sie sich deshalb gar nicht erst an. Fast schon unverschämt.

     

    Leider ist keine Ende der Hirschepidemie in Sicht, denn er passt genau in die Sendeschemata: sieht nach viel aus, ist deshalb teuer, aber harmlos und langfristig völlig wirkungslos - also riskolos.....

  • A
    Alyssa

    Das Einzige, was ich bei diesem Butzko (muss man den kennen?) rauslese, ist unerträglicher Neid. Tja, dumm gelaufen, wenn's mit dem eigenen Erfolg nicht klappt!

  • B
    Bernd

    Hier kann man einmal sehen, was bspw. H.G. Butzko zu diesem Interview meint:

     

    http://www.butzkonline.de/blog/artikel/article/kabarett-letter-april-10.html

     

    M.E. bringt er alles ziemlich treffend auf den Punkt. Mehr Worte sollte man angesichts der intellektuellen Urgewalt EvH's auch nicht verwenden...

     

    Ein sich in absolut positiver Stimmung vor EvH verneigender Leser

  • P
    Pitt

    Ein politischer Kabarettist wie Volker Pispers hat im Jahr ca 100 Vorstellungen mit rund 800 Besuchern pro Vorstellung. Das heisst, er allein hat pro Jahr ca 80.000 Zuschauer.

     

    Nimmt man dann die Superstars wie Georg Schramm, Urban Priol, Mathias Richling und Hagen Rether hinzu, und legt denen ähnliche Zahlen zu Grunde, verzeichnen wir allein bei diesen 5 Kabarettisten insgesamt ca 400.000 Zuschauer.

     

    Zählt man jetzt noch das große Heer der weniger TV-präsenten, aber nichtsdestotrotz auch nicht erfolglosen politischen Kabarettisten hinzu,

    kann man dem politischen Kabarett in Deutschland jedes Jahr locker eine Besucherzahl von insg 1 Million nachsagen.

    Vermutlich sind es mehr.

     

    Wenn man dann davon ausgehen darf, dass gerade Besucher des Politischen Kabaretts sich auch an Wahlen beteiligen, kann man nicht umhin, dass mindestens 5000 Wähler sich ihre Meinung im Politischen Kabarett gebildet haben.

     

    Und wenn man sich dann daran erinnert, dass Edmund Stoiber die Bundestagswahl 2002 gegen Gerhard Schröder mit rund 5000 Stimmen verloren hat, kommt man nicht umhin festzustellen:

    Das politische Kabarett hat den Berufswunsch von Edmund Stoiber massgeblich geändert.

     

    Das soll ein Herr von und zu Selbstgefällig erst mal nachmachen.

  • A
    Alyssa

    Wenn ich diese unqualifizierten Kommentare hier lese, vergeht mir auch das Lachen!

  • MB
    Matthias B.

    Dem selbstverliebten Komiker ist seine massive Medienpräsenz wohl zu Kopfe gestiegen. Keiner der von ihm als "pseudoaufklärerisch" denunzierten Kabarettisten würde ernsthaft für sich in Anspruch nehmen, das Leben Anderer verändern zu können.

     

    Hirschhausens Beglückung kann mir gestohlen bleiben: Wer nach einem EvH-Amüsement anderntags seinen Job hinwirft, hat ihn entweder nicht nötig oder gehört eingewiesen - von mir aus mit einem von Hirschhausen ausgestellten Krankenschein.

     

    Nix gegen Glück, aber es sollte auf Tatsachen beruhen. Die Ausplünderung breiter Schichten, die Bildungsmisere und zunehmende Kinderarmut lassen sich nicht weg lächeln, auch nicht mit dem intellektuell verbrämten Witz eines Dampfplauderers.

     

    Ich lache gern, aber bitte über die, die es verdient haben. Dafür sorgen Kabarettisten wie Georg Schramm, Volker Pispers und Wilfried Schmickler, nicht zu vergessen die anarchischen "Komiker" in der Tradition von Karl Valentin: Dittsche klärt mich zwar nicht "politisch" auf, bringt aber die Existenz eines Hartzers so sympathisch auf den Punkt, dass sich jede Schadenfreude verbietet.

     

    Das ist der Unterschied: Hirschhausen feiert die Entmaterialisierung seiner Zuschauer, die in angeblich Kant'scher Tradition ihren Job an den Nagel hängen und sich dem Lachen hingeben. Ein Georg Schramm lässt mich nie über den Verlust der Lebensgrundlage lachen, er gibt Leute wie Zumwinkel oder Westerwelle der Lächerlichkeit preis.

     

    Das Lachen bleibt mir oft im Halse stecken, aber wenn, dann soll es die Richtigen treffen - gerne auch aufgeblasene Gockel wie den adeligen Lachmediziner.

  • N
    Nigredo

    Ist doch klar, dass ein selbsterklärter Messias, dessen einzige intellektuelle Leistung darin besteht, eine handvoll Witze immer wieder zu recyclen und Kollegen zu diskreditieren, Interviews zensiert.

    Wie könnte diese Republik aussehen, wenn er diese geballte Intelligenz nutzen würde, um Klos bei McDonalds zu putzen?

     

    Vielleicht aber ist er einfach zu charakterschwach, um einzusehen: "[...]nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein." ("Die Verteidigung des Vaterlandes", Kurt Tucholsky)

    Man schafft nichts Neues, anderes, indem man konservativst das Alte gutredet. Und schön-lachen kann man sich Schwarzgelb auch nicht, wenn man ersteinmal über ein gewisses Maß an Einsicht verfügt.

     

    Ich würde gegen Hirschhausen noch den letzten Provinzkabarettisten in Schutz nehmen und frage mich seit Jahren, warum ihm auch beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen, gar im 3sat, immer wieder ein Forum geboten wird; das Einzige, was ihn von Mario Barth und Konsorten unterscheidet, ist, dass er offenbar Lesen und Schreiben kann - das kann ich allerdings auch (was hiermit hinreichend bewiesen wäre). beim 3sat hat man mich trotzdem noch nicht eingeladen....

  • M
    Michael

    Nachdem es scheinbar fast unmöglich ist einen kurzfristigen termin mit EvH zu bekommen bringt die taz innerhalb von 24h Stunden gleich zwei.

     

    Ich schätze sowohl taz (regelmäßiger Käufer) als auch SZ (Abonent) sehr... aber das hier hat einen etwas faden Beigeschmack.

  • M
    Moxie

    Eckart von Hirschhausen. Komik für SPD-Mitglieder.

  • B
    blue

    Jetzt macht die taz diesen Hampelmann auch noch zum Thema.

    Braucht man den wirklich?

  • H
    hto

    Es geht in diesem illusionär-konfusionierendem System um "Absicherung" und konsumautistische Bewußtseinsbetäubung, also ist die Rede von gerechter Umverteilung so schwachsinnig und zeitgeistlich-zynisch, wie Hoffnung besonders für die Pflege der gleichermaßen manipulierbaren Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein" systemrational ist!?

  • D
    dualbore

    Trägt da der Messias von Hirschhausen nicht etwas dick auf?