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Archiv-Artikel

KUNSTRUNDGANG Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

99 Namen hat Allah auf den kleinen Tafeln an den Bäumen entlang einer Allee, wie es die großformatige Fotoarbeit „God Grows on Trees“ von Hamra Abbas bei Schultz Contemporary dokumentiert. 99 ganz verschiedene Gesichter haben die Mädchen und Jungen, die in Pakistan – dort, wo Hamra Abbas auch die wundersame Allee fand – eine Koranschule besuchen. Detailgenau und perfekt hat sie die 1976 in Kuwait geborene Künstlerin in der Tradition der Miniaturmalerei wiedergegeben. Und weil schon diese Miniaturmalerei, die von Persien über Indien bis in den muslimischen Kulturkreis verbreitet ist, eine hybride Kunstpraktik darstellt, darf auch die Kultur Chinas, in der die Zahl 99 Symbol der Unendlichkeit ist, in die Installation einfließen, die sich um das Konzept des Kreislaufs dreht. Des religiösen, der immer wieder auf Gott, und des künstlerischen, der immer wieder auf die menschliche Figur stößt. Schließlich des modernen Konsumkreislaufs, den Papierteller in Plexiglasvitrinen repräsentieren. Diese sind freilich aus handbedruckten Papierstreifen gefertigt und zu einen typisch persischen Sternmuster verflochten. Womit Hamra Abbas symbolisch alle drei Kreisläufe zu einem einzigen verflicht. Ein Kreislauf auch hier: Zwar hat sich Marcel van Eeden zu neuen Ufern aufgemacht und in Den Haag noch einmal Malerei studiert. Keine komplexen Zeichnungsblöcke wie „Das Leben und Werk von K. M. Wiegand“ sind daher nun in der Galerie Zink zu sehen, sondern Ölgemälde. Allerdings bleibt deren Farbtemperatur der seiner Zeichnungen gleich, und auch das Collagieren und Samplen von gefundenen Motiven hat van Eeden beibehalten. Noch wirkt seine Malerei etwas steif und bemüht. Dafür überzeugt der Wunsch nach der Herausforderung. Van Eeden weiß eben: „Virtuosität ist ein Trick, davon abzulenken, dass man sich selbst wiederholt.“

Hamra Abbas; God Grows on Trees, bis 19. April, Di.–Fr. 11–19, Sa. 10–14 Uhr, Schultz Contemporary, Mommsenstr. 34 Marcel van Eeden: Sensational. New Way to Paint, Di.–Fr. 10–18, Sa. 11–18 Uhr, Galerie Zink, Schlesische Straße 27