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KOMMENTAREFalsche Konsequenzen

■ Brüssel darf sich nicht hinter Irland verstecken

In Brüssel, Straßburg und den anderen europäischen Hauptstädten geht jetzt ein erleichtertes Aufatmen durch die Regierungsviertel. Nach dem Motto, „Die IrInnen haben gezeigt, daß die Maastrichter Verträge doch nicht so schlecht sind“, wird das dänische „Nein“ vom 2. Juni verdrängt und dem vermeintlichen Mehrheitswillen der EuropäerInnen untergeordnet werden. Die EurokratInnen werden versuchen zur Tagesordnung zurückzukehren: Keine Nachverhandlungen, Ratifizierung in möglichst allen Mitgliedsländern und schnelle Implementierung der Verträge.

Doch Irland ist nicht gleich Dänemark und Referendum nicht gleich Referendum — selbst wenn zweimal die gleichlautende Frage auf dem Stimmzettel stand. Die Verhältnisse der beiden Länder zur EG, der sie gleichzeitig im Jahr 1973 beitraten, sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können.

Irland hat sehr viel mehr Geld aus Brüssel bezogen, als es eingezahlt hat. 1991 betrug sein Nettogewinn umgerechnet 5,4 Milliarden Mark. Das Land gehört geographisch wie wirtschaftlich zur europäischen Peripherie. Es leidet traditionell unter Arbeitslosigkeit und Emigration und ist stark landwirtschaftlich geprägt. Ganze Regionen der grünen Insel hängen direkt an der finanziellen Nabelschnur aus Brüssel. Zugkräftigstes Argument der Maastricht-BefürworterInnen war denn auch die Drohung, diese lebensnotwendige Hilfe könnte versickern. In Irland bestimmten vor allem wirtschaftliche Ängste das Referendum.

Ganz anders Dänemark. Das Land hat von Anfang an mehr Geld nach Brüssel überwiesen, als es von dort zurückbekam. Es ist eines der wohlhabenden zentraleuropäischen EG-Mitglieder. Dänemarks Nabelschnur zur EG: Es wickelt den größten Teil seiner Geschäfte mit der Gemeinschaft ab. Doch dieser lebenswichtige Handel wäre auch in einer Freihandelszone möglich. In Dänemark bestimmten politische Ängste das Referendum.

Die grundsätzlich neuen Elemente der Maastrichter Verträge, mit denen sich die EG über ihre bisherige Geschichte als Wirtschaftsgemeinschaft erheben will, sind politischer Natur. Eine Europäisierung aller Politikfelder aber benötigt die Zustimmung von stabilen Mehrheiten in allen Mitgliedsländern. Denn jedeR einzelne ist betroffen. Ohne diese Zustimmung könnte sich die Europäische Union in ein Korsett verwandeln. Eine als Zwangsgemeinschaft empfundene supranationale Institution könnte statt den Frieden zu sichern und Nationalismen zu verhindern das genaue Gegenteil auslösen. Die Debatte über die Maastrichter Verträge hat gerade erst begonnen. Dorothea Hahn

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