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KOMMENTAREWer interessiert sich schon für Maastricht?

■ Europa allgemein und Mitterrand speziell standen im Zentrum der TV-Debatte

Es gab kein Zurück mehr. Nachdem Francois Mitterrand sich am 3.Juni aus innenpolitischem Kalkül für das Referendum entschieden hatte, mußte er irgendwann in die Arena steigen. Die Zusage zur Fernsehshow stammt ebenfalls aus einer Zeit, als er Kritikern noch erklärte: „Ich werde nicht so verabscheut, wie ihr meint.“ Ein Rückzieher, das wäre dem Eingeständnis gleichgekommen, daß er den Widerwillen vieler Franzosen gegen seine Person kampflos akzeptiert. Mitterrand hat sich also drei Stunden lang Fragen und Vorwürfen gestellt — keine schlechte Leistung für einen alten Staatsmann. Hut ab auch vor den BürgerInnen, die dem Präsidenten vor 23 Millionen ZuschauerInnen ganz unbefangen ihren Ärger ins Gesicht schleuderten: „Sie werden Frankreich auslöschen. Sie haben alles nur Mögliche getan, um die Franzosen zu entzweien.“ Das war der lebendige, authentische Teil der Schau.

Gewiß, die auserwählten Franzosen fragten nach Europa. Doch was hatte dieses Bürgergespräch speziell mit Maastricht zu tun? Bezeichnend war der Hilferuf eines Bauern, der — den Tränen nahe — seine Existenzangst ausdrückte: „Den Bauern droht ein Völkermord. Helfen Sie uns!“ Der Einigungsvertrag erwähnt die Landwirte mit keinem Wort, doch das interessiert den Mann von der Atlantikküste nicht. Er hat sein Schicksal und die Zukunft seiner Korporation im Kopf. Die Diskussionsrunde zeigte: Viele Leute haben nicht viel von Maastricht verstanden, wollen es wohl auch nicht. Vierzig Jahre lang wurde in Frankreich überwiegend von Politikern und Spezialisten allein über Europa entschieden. Auch als der Vertrag von Maastricht ausgehandelt wurde, interessierte sich niemand für die Meinung des Volkes. Wie sollen die Bürger da plötzlich zu Kennern eines komplizierten und voraussetzungsreichen Dokuments werden?

Das eigentliche Sachgespräch fand wieder unter Spezialisten statt und blieb entsprechend fad: Mitterrand im Gespräch mit drei Leitartiklern, im Duell mit einem politischen Gegner. Der Präsident und sein Kontrahent verkündeten jeweils ihr Glaubensbekenntnis (Mitterrand: „Ich glaube an den Erfolg Europas“), jeder hielt an seiner Lesart des Vertrags fest. Die Sendung ist vorbei, nun wird wieder über Mitterrand debattiert: Hatte er Elan, konnte er noch einmal mitreißen? Nicht die Argumente zählen, sondern die Person. Denn — er mag es abstreiten, so viel er will — natürlich ist das Referendum auch, wenn nicht vor allem, ein Plebiszit: Die Mehrheit der Franzosen wird für oder gegen Mitterrand stimmen. Mit dem Einigungsvertrag selbst wird das Votum nur wenig zu tun haben. Bettina Kaps

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