KOMMENTAR: Tücken der Reform
■ Verwaltungsreform ist Nagelprobe für Regierung
Wie Herkules hat sich nun Innensenator Heckelmann hingestellt, den Augiasstall »öffentlicher Dienst« auszumisten. Der Trommelwirbel, den er zur Ouvertüre seines Werkes veranstaltet, ist beachtlich. Berliner und deren Beamte schelten, wer würde da nicht gerne einstimmen? Doch prügelt er da den Sack und meint den Esel, und der ist noch immer der Senat — mithin vor allem er selbst. Denn die Konzepte der Veränderung liegen schon seit langem auf dem Tisch, die Umsetzung scheiterte bislang an der Interessenslage der politischen Spitze. Die Schwerpunktsetzung in der Sparpolitk wird in weit größerem Maße als die beiden bisherigen Koalitionskrisen zu einer Belastungsprobe des Regierungsbündnisses werden. Zwar wird öffentlich beteuert, ob der Breite des Regierungsbündnisses für das Reformvorhaben prädestiniert zu sein, doch hindert genau diese Breite die notwendige Gewichtung in der Arbeit. Zu groß die Gefahr, daß die politische Substanz eines der beiden Koalitionspartner angegriffen wird. Eine zweite Gefahr droht jedoch beiden Parteien gleichermaßen. Die Vorschläge des Innensenators stehen unter der Maßgabe betriebs- und zeitökonomischer Effizienz. Es spricht vieles dafür, Kosten-Nutzen-Kalkulationen auch für den öffentlichen Dienst zur Grundlage zu nehmen. Doch werden unter der Hand neue Strukturen eingeführt, deren Elle nicht nur die Effektivität ist. Die Zentralisierung der Planungen und Entscheidungen zum Regierungssitz und zu Olympia reduzieren gerade in einem Bereich die Mitbestimmung der Bürger, in dem dessen Distanz zum Handeln der Regierenden besonders groß ist. Der Senat beklagt dies, zieht jedoch keine Schlüsse. Die beschleunigte Einführung solch zentraler Strukturen legt eher den Verdacht nahe, daß Bürgereinfluß in diesem Bereich nicht so sehr erwünscht ist. Dieter Rulff
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