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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON CHRISTIAN FÜLLER Kita-Abschluss fällt ins Sommerloch

Der Beruf Erzieherin wird als pädagogische Aufgabe nach wie vor nicht anerkannt

Ein Tarifabschluss für Erzieherinnen mitten in den Sommerferien? Was sich wie ein Witz am Strand anhört, ist der bittere Ernst der Tarifpartner – und ein mittlerer Skandal. Nur weil die halbe Nation in Rimini, den Ammergauer Alpen oder an der Ostsee Besseres zu tun hat, meint man offenbar, dass sie den windigen Sommerdeal nicht mitbekommt. Aber das ist ein Irrtum. Die Bürgerinnen und Bürger merken längst, welch gigantischer Widerspruch zwischen den Sonntagsreden über Bildung und den mickrigen Taten besteht.

Tagaus, tagein hören wir, wie enorm wichtig die frühkindliche Bildung für unsere Kleinen sein soll. Und wie entscheidend für die Wohlfahrt der Nation. Gerade hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wieder einmal mächtig auf die Tube gedrückt mit ihrer Forderung, die Qualität von Kitas müsse deutlich besser werden. Das ist ja nicht falsch. Jenseits der Schwelle zum 21. Jahrhundert müsste klar sein, dass das urdeutsche Konzept der Kinderbewahranstalten keine Chance mehr hat. Nur können die kurzen Lohnstreifen der Erzieherinnen mit den schönen Worten nicht mithalten. Deutschland träumt mit seinen Kindergärten vom 21. Jahrhundert – aber es steht tariflich und programmatisch noch mit beiden Beinen fest im 19. Jahrhundert.

Was heißt das konkret für den getroffenen Kita-Abschluss? Die Erzieherinnen werden besser bezahlt, ja. Aber das ist nur der längst überfällige Schritt, der die sechsstelligen Einkommensverluste (auf ein Arbeitsleben als Erzieherin bezogen) ausgleicht, die beim Übergang vom alten Bundesangestelltentarif BAT auf den neuen Tarif im öffentlichen Dienst entstanden sind. Was weiterhin fehlt, ist die finanzielle Anerkennung des Erzieherinnenberufs als pädagogische Aufgabe – mit entsprechender Entlohnung auf Höhe von Grundschullehrerinnen.

Wer glaubt, dass dies allein die Schuld der öffentlichen Arbeitgeberknauserer ist, der täuscht sich. Auch die Gewerkschaft Ver.di hat nicht den Mumm und die Kraft, das empörende Ungleichgewicht zwischen den Frauen- und Männerberufen ihrer Mitglieder endlich anzugehen. Deswegen werden Erzieherinnen schlechter als Müllmänner bezahlt – und deswegen ist es Ver.di-Chef Franz Bsirske nur recht, dass die hochkomplizierte Tarifeinigung mitten ins Sommerloch fällt. Ganz nach den Motto: Loch Ness fressen Kita auf.