KNAACK KLUB MUSS LEISE MACHEN: Früher Clubber, heute Kläger

Der Knaack Klub im Prenzlauer Berg darf nach Anwohnerklagen keine laute Musik mehr spielen und will umziehen. Die Szene sieht sich als Opfer der Gentrifizierung.

Ausnahmsweise mal nicht der Stein des Anstoßes, obwohl sie noch mehr Krach machen: Vuvuzelas Bild: ap

Wo ein Club ist, da gibt es laute Musik, von Anwohnern auch Lärm genannt. Seit 1952 sorgt dafür in der Greifswalder Straße im Prenzlauer Berg der Knaack Klub. Auf seiner Bühne begannen Karrieren von Bands wie Rammstein, Knorkator oder Die Toten Hosen; am Wochenende kommen jeden Abend über 1.000 Menschen, um zu feiern. Doch damit ist nun Schluss: Vor zwei Wochen entschied das Oberverwaltungsgericht nach einem zweijährigen Rechtsstreit, dass im Knaack in Zukunft Musik nur noch auf Zimmerlautstärke möglich ist. Einspruch ausgeschlossen.

"Um den Lärmschutzauflagen zu entsprechen, müssten wir in jede unserer drei Etagen 260.000 Euro investieren", erklärte am Donnerstag Matthias Matthis, einer der Betreiber des Clubs. Zurzeit sei nur ein eingeschränkter Betrieb mit runtergedrehter Musik in zwei Räumen möglich. "Langsam bleiben die Gäste weg." Daher suche man nun nach einem neuen Standort - im Gespräch sei unter anderem ein Nebenflügel der Max-Schmeling-Halle.

Beschwerden von Anwohnern habe es in der Geschichte des Knaack immer mal wieder gegeben, sagte sein Kollege Matthias Harnoß. Dass die Situation nun eskaliert sei, liege an den Bewohnern eines Neubaus in der angrenzenden Heinrich-Roller-Straße. "Dort sind Menschen eingezogen, die gerne in einem Kulturzentrum leben wollten, aber wohl nicht wussten, dass lebende Kultur auch Lärm macht."

Die Gentrifizierung des Prenzlauer Bergs sei das eigentliche Problem in diesem Streit, meinte auch Lutz Leichsenring von der Clubcommission Berlin. Der Verband der Berliner Club-, Party- und Kulturereignisveranstalter hat regelmäßig mit ähnlichen Problemen auch in anderen Bezirken wie Kreuzberg oder Friedrichshain zu tun. "Die Clubs stehen auf der Abschussliste der Neubesiedler", sagt er. Man habe große Sorge, dass der Wegzug des Knaacks zum Präzedenzfall werde. "Wenn sogar das Knaack mit seiner über 50-jährigen Geschichte keinen Bestandsschutz genießt, wer dann?"

Unterstützung erhofft sich die Clubcommission von der Politik, die sich für den Erhalt einer vielfältigen Clubszene in den Bezirken einsetzen soll. Dazu erklärte Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Die Grünen), Ordnungsstadtrat in Pankow: "Der Prenzlauer Berg verändert sich stetig, und mit ihm auch seine kulturelle Szene." Natürlich habe der Bezirk Interesse daran, gerade einen alteingesessenen Club wie das Knaack zu halten. Daher helfe man nun auch bei der Suche nach einem neuen Standort. "Wir brauchen das Knaack als bunten Tupfer, damit sich keine Monokultur entwickelt", so Kirchner.

Letztlich müssten sich aber auch Clubs als Unternehmen ohne Hilfe aus der Politik auf dem Markt behaupten. "Meist argumentieren gerade diejenigen mit der Gentrifizierungskeule, die selbst erst vor zehn Jahren hergezogen sind."

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