piwik no script img

KANDIDATUR"Wir waren nicht glaubwürdig"

Die ehemalige EU-Abgeordnete Karin Jöns will SPD-Landesvorsitzende werden. Für den Posten empfiehlt sie sich mit Selbstkritik: die SPD habe "große Fehler" gemacht

Kandidatin: Karin Jöns Bild: SPD
Christian Jakob
Interview von Christian Jakob

taz: Frau Jöns, Sie wollen wie der Weyher Bürgermeister Andreas Bovenschulte SPD-Landesvorsitzende werden. Ihre Bewerbungs beginnt mit der Versicherung, dass eine Kampfkandidatur der Partei nicht schadet. Denkt die das denn?

Karin Jöns: Die Abgeordneten Carsten Sieling und Uwe Beckmeyer hatten ihre Kandidaturen mit der Begründung zurückgezogen, dass sie sich nicht beschädigen wollten, indem sie gegeneinander antreten. Das kann ich nicht nachvollziehen.

Ging es nicht eher darum, dass die Partei mit Beckmeyer unzufrieden war?

Es ist richtig, dass immer lauter darüber gemurrt wurde, dass der Vorsitzende als Abgeordneter zeitlich extrem belastet ist. Es gibt auch einen Antrag, der Bundestagsabgeordnete als Vorsitzende künftig ausschließen soll.

Beckmeyer war also mit beiden Ämtern überfordert?

Ich kann nur sagen, als Abgeordnete hätte ich das nie gemacht, das ist zeitlich nicht drin. Im Wahljahr muss ein Landesvorsitzender aber viel vor Ort sein.

Haben Sie als Frau überhaupt eine Chance auf den Posten?

Ich weiß auch nicht, ob ich eine Niederlage kassiere. Es gab auch schon Frauen auf diesem Posten, zuletzt Tine Wischer.

Für die Wahl 2011 empfehlen Sie sich zur "Schärfung sozialdemokratischen Profils". Warum?

Weil die Partei in Bremen nicht mehr so sichtbar ist, wie sie müsste. Die Partei weiß, dass ich für soziale Gerechtigkeit streite. Jemand anderes steht vielleicht eher für wirtschaftliche Themen. Nach dem großen Desaster brauchen wir jetzt beides - und die Partei muss mitziehen.

Was genau war das Desaster?

Auf unter 30 Prozent zu sacken, das ist bitter. Die Zeit schreit nach sozialdemokratischen Antworten und trotzdem hat man uns nicht gewählt. Wir waren nicht mehr glaubwürdig. Wenn wir das wieder werden wollen, müssen wir uns öffnen und die Basis mitnehmen.

Muss man denn erst die Hälfte seiner Wähler verlieren, um auf die Idee zu kommen, seine Basis mitzunehmen?

Natürlich nicht, ich bedauere auch das wir nicht eher Korrekturen vorgenommen haben. Aber es bringt doch jetzt nichts zu sagen, der Schröder war Schuld oder auf dem Münte rumzuhacken. Es gab große Fehler in der Programmatik und im Miteinander, das gibt jeder in der Partei zu.

War Hartz IV einer der Fehler?

In dieser Form sicherlich.

Würde die SPD das auch zugeben, wenn es die Linkspartei nicht gäbe?

Klar. Die Linkspartei hat Wähler abgeworben, aber wir haben mit der Selbstkritik doch nicht wegen der Linkspartei angefangen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!