Justizreform in Kolumbien: Mehr Macht für Militärgerichte
Der kolumbianische Senat beschließt eine Reform der Militärjustiz. Die umstrittene Neuregelung musste nach Kritik von Menschenrechtlern geändert werden.
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BUENOS AIRES taz | In Kolumbien ist die umstrittene Reform der Militärjustiz beschlossene Sache. Mit 54 zu 5 Stimmen gab der Senat am Dienstag in letzter Lesung grünes Licht für eine Ausweitung der Militärgerichtsbarkeit bei Kriegsverbrechen.
„Das ist eine Verbesserung der Rechtssicherheit für die Angehörigen der Streitkräfte“, freute sich Verteidigungsminister Juan Carlos Pinzón über die Entscheidung. Derzeit entscheidet die zivile Justiz, ob ein Verbrechen vor einem Militärgericht oder vor zivilen Richtern verhandelt wird.
Das Reformvorhaben war 2011 von der Regierung im Kongress eingebracht worden und hatte im Laufe der parlamentarischen Behandlung mehrere Änderungen erfahren. Nach der Neuregelung sollen sieben Straftaten auch weiterhin von zivilen Richtern verhandelt werden.
Zu den ursprünglich nur ausgenommenen Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verschwindenlassen von Personen wurden am Ende auch extralegale Hinrichtungen, sexuelle Gewalt, Folter und gewaltsame Vertreibungen hinzugefügt. Im Zweifelsfall wird ein neu eingerichtetes Tribunal aus jeweils vier pensionierten Militärs und vier Zivilpersonen entscheiden, wer die Ermittlungen aufnimmt.
Die Änderungen kamen nicht zuletzt durch den Druck von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen zustande. Ende 2011 ermittelte die Militärjustiz nach Armeeangaben gegen 15.833 Soldaten in 1.893 Fällen wegen Mordes. Der Tageszeitung El Tiempo zufolge werden dabei 55 Prozent der Angeklagten in erster Instanz verurteilt. Doch im Berufungsverfahren bleiben fast zwei Drittel ohne Strafe.
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