Justizministerin legt Gesetzentwurf vor: Vorratsdatenspeicherung light
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kommt der Union ein bisschen entgegen. Sie sieht eine einwöchige IP-Spericherung vor. Die Netzgemeinde murrt.
BERLIEN taz | "Diskussionsentwurf" steht über dem 35 Seiten langen Vorschlag für ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, den FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger jetzt an CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich geschickt hat. Und Diskussionen werden auch noch nötig sein. Denn das, was in dem Entwurf steht, wird die Union auf keinen Fall zu akzeptieren bereit sein, auch wenn sich das Innenministerium am Freitag offiziell noch zurückhielt.
Mit dem vorgeschlagenen Gesetz soll "die Einschränkung grundrechtlich geschützter Interessen auf das zur Sicherung der Belange von Strafverfolgung erforderliche Maß begrenzt" werden, heißt es in dem Entwurf, der der taz vorliegt. Trotz wochenlangen Drängelns will Leutheusser-Schnarrenberger nach wie vor nicht die Telefon-, Handy- und E-Mail-Verbindungsdaten aller knapp 82 Millionen Bürgerinnen und Bürger ohne Anlass über Monate speichern lassen.
Ihr schwebt, wie im Januar schon in Eckpunkten skizziert, das sogenannte "Quick-Freeze-Verfahren" vor. Demnach sollen Polizei oder Staatsanwaltschaft nur im Verdachtsfall anordnen können, dass Telekommunikationsfirmen die bei ihnen vorliegenden Verbindungsdaten "einfrieren" - und zwar dann, wenn es "für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten erforderlich ist".
Etwas entgegen kommt Leutheusser-Schnarrenberger der Union nur an einer Stelle: So sollen Internetprovider verpflichtet werden, die IP-Adressen aller Nutzer, anhand derer einzelne Computer identifiziert werden können, sieben Tage lang zu speichern - ohne Anlass. Dies brauche man "insbesondere zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet", heißt es in dem Entwurf. Ein Punkt, der von den Medien bisher kaum wahrgenommen wurde und von Kritikern als "Vorratsdatenspeicherung light" bezeichnet wird.
Und so bekommt Leutheusser-Schnarrenberger gleich von zwei Seiten Druck: Die Union verlangt ein deutlich schärferes Gesetz; der Vorschlag der FDP sei "unbrauchbar", wetterte CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl am Freitag. Auf der anderen Seite geht der Netzgemeinde schon der jetzige Entwurf zu weit; Vertreter von AK Vorrat und Chaos Computer Club warnen wegen der vorgeschlagenen einwöchigen IP-Speicherung vor dem "gläsernen Internetnutzer".
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