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JustizDrinnen böse, draußen gut

Im Gefängnis ist ein neues Zentralgebäude eingeweiht worden - bis 2018 sollen auch die alten Gebäude saniert werden, hin zum "modernen Strafvollzug"

So geht Überwachung heute: JVA Oslebshausen. Bild: Jean-Philipp Baeck

Eine verbesserte Schleuse mit Metalldetektoren und Röntgenband wie beim Flughafen, ein „intelligenter“ Zaun, der bei Berührung Alarm schlägt und ein neues „Personensicherheitssystem“, das genau registriert, wo sich ein Wärter gerade befindet – das neue Zentralgebäude der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen (JVA) entspricht einem „modernen Strafvollzug“. Das Wort zumindest fiel sehr oft bei der Einweihung am Freitag.

Justizsenator Martin Günthner (SPD) führte durch den Zellentrakt. 100 neue Haftplätze sind entstanden, zudem Platz für die Verwaltung, ein Besucherbereich, Lazarett, eine Kantine für die Beamten. In der arbeiten die Gefangenen, als „Vorbereitung für das Leben draußen“. Die Möbel für Zellen wurden in der Gefängniswerkstatt hergestellt, unter Beachtung spezieller Vorschriften. Sie dürfen etwa keine Hohlräume haben, um keine Verstecke zu bieten.

Die baulichen Verbesserungen seien „ein Quantensprung“, sagt Anstaltsleiter Carsten Bauer. Die Zellen sind inklusive WC zehn Quadratmeter groß, in den alten Gebäude sind es sieben bis acht. Die Backsteingebäude sind denkmalgeschützt, stammen von 1874 und seien „nicht mehr ganz zeitgemäß“, so Bauer. Ein „schönes Ereignis“ sei die Eröffnung des neuen Gefängnis-Gebäudes, „sicherer und humaner Strafvollzug“ das Credo.

„Jeder Politiker muss heute vor allem Sicherheitsvorkehrungen zeigen“, sagt Johannes Feest, emeritierter Professor für Strafrecht und Gründer des Strafvollzugarchivs. Auch er wurde durch das neue Gefängnishaus geführt. Zwei Stunden später sprach er im Rathaus anlässlich des 175-jährigen Bestehens des Vereins Bremische Straffälligenbetreuung. Feest schaffte die terminliche Herausforderung, Senator Günthner und sein Staatsrat ließen sich wegen der Gefängniseröffnung entschuldigen.

Der Verein kümmert sich um die andere Seite des Vollzugs, um die Resozialisierung. Er bietet Haftentlassenen Hilfe, ebenso ihren Angehörigen, mit einer selbst sehr wechselhaften Geschichte. Während des Nationalsozialismus wurde die anfänglich vor allem christlich-karitative Einrichtung gleichgeschaltet, war auch für Ermittlungen im Vorfeld der Haft zuständig und half nur ausgewählten, nicht als asozial Stigmatisierten bei der Reintegration in die Volksgemeinschaft. Erst in den Siebzigern folgten eine Satzungsänderung und Ausrichtung auf einen auf Resozialisierung ausgerichteten Vollzug. Mit der Professionalisierung der letzten Jahre, der Zusammenarbeiten mit dem Amt für soziale Dienste und der JVA seien kritische Äußerungen aus dem Verein allerdings schwieriger geworden, so Feest.

Ein neues Multimediasystem in den neuen Zellen soll Häftlingen helfen, sich auf die Zeit nach dem Gefängnis vorzubereiten. Radio und Fernsehen kann darüber empfangen werden und – das ist neu – sogar eingeschränkter E-Mail-Verkehr möglich sein. Vielleicht sogar die Jobsuche über das Internet. Allerdings „chinesisch“, wie es in der JVA scherzhaft genannt wird: mit großen Einschränkungen.

Die Ausrichtung des Vollzugs, sagt der ehemalige Anstaltsleiter Hans-Henning Hoff, sei Schwankungen unterworfen. Nach dem Bekanntwerden der Verbrechen von Mark Dutroux etwa seien Öffnungen wie die Stärkung eines offenen Vollzugs wieder zurückgegangen. Von 1988 bis 1997 war er Leiter der JVA, bis heute ist er im Vorstand der Bildhauerwerkstatt der Anstalt, ein Vorzeige-Projekt für Resozialisierung. Neue Haftplätze sieht er kritisch, es gebe eine Dynamik: „Wenn es mehr Plätze gibt, schicken die Richter auch mehr Menschen ins Gefängnis“, so Hoff.

Etwa 600 Gefangene sitzen derzeit in Bremer Gefängnissen, 70 davon in Bremerhaven. Nach der laufenden Generalsanierung sollen es in Oslebshausen 650 Plätze, in Bremerhaven 100 Plätze sein.

Beschlossen wurde die Sanierung der Anstalten 2008, 2018 soll sie abgeschlossen sein, 2013 folgt der Jugendvollzug. Nach einer Probephase des Neubaus soll im Februar der Betrieb richtig losgehen.

Im Rathaus wünschte sich Feest, dass sich sein Verein wieder verstärkt für den Abbau von Gefängnissen stark macht. Der ehemalige Anstaltsleiter Hoff ist skeptisch: „Psychologisch braucht die Gesellschaft den Knast, um die Sicherheit zu haben, dass dort das Böse drin sitzt und draußen das Gute.“

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