piwik no script img

Justiz in ChinaKeine Gnade für Liu Xiaobos Schwager

Die Familie des chinesischen Friedensnobelpreisträgers erleidet weitere Strafen. Als „politische Sippenhaft“kritisierte die Bundesregierung das Urteil.

Im Juni weinte Liu Xia vor dem Gefängnis in dem ihr Bruder eingesperrt wurde. Trotz Berufung bleibt Liu Hui inhaftiert Bild: ap

PEKING afp | Ein chinesisches Gericht hat die gegen den Schwager des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo verhängte Gefängnisstrafe bestätigt. „Das Urteil wurde aufrecht erhalten – und wir glauben weiter, dass das ungerecht ist“, sagte Liu Huis Anwalt Mo Shaoping am Freitag. Gegen Liu Hui war im Juni eine elfjährige Haftstrafe verhängt worden. Die Bundesregierung kritisierte das Vorgehen gegen die Familie als „politische Sippenhaft“.

Liu Hui war wegen Betrugs im Zusammenhang mit einem Immobiliengeschäft schuldig gesprochen worden. Er ist der Bruder von Liu Xiaobos Frau Liu Xia, die selbst seit Jahren unter Hausarrest steht. Die Unterstützer von Liu Xiaobo betrachten das Vorgehen der Behörden gegen seine Frau und seinen Schwager als politisch motiviert. „Vielleicht ist es in diesem Land eine Art von Verbrechen, die Ehefrau Liu Xiaobos zu sein“, schrieb Liu Xia im Juni an Staatspräsident Xi Jinping.

Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), übte scharfe Kritik. Die Bestätigung des Richterspruchs stelle die Rechtsstaatlichkeit in China „leider erneut ernsthaft in Frage“, erklärte Löning. „Das Vorgehen gegen die Familie von Liu Xiaobo ist nichts anderes als politische Sippenhaft“, fügte er hinzu. Löning forderte die Freilassung der beiden Inhaftierten und die Aufhebung des Hausarrests gegen Liu Xia.

Liu Xiaobo war im Jahr 2009 wegen „Subversion“ zu einer Gefängnisstrafe von ebenfalls elf Jahren verurteilt worden. Ein Jahr später wurde der Mitverfasser der Charta 08, die tiefgreifende politische Reformen und die Einführung einer pluralistischen Demokratie in China fordert, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, konnte ihn aber nicht selbst entgegennehmen.

Ein Vertreter des Pekinger Gerichts wollte die Bestätigung der elfjährigen Haftstrafe gegen Liu Hui auf Nachfrage zunächst nicht bestätigen. Liu Xia steht unter Hausarrest, seitdem ihr Mann den Friedensnobelpreis erhielt. Allerdings konnte sie im Juni an dem Prozess gegen ihren Bruder teilnehmen. Beim Berufungsverfahren war sie nicht dabei – was Sorgen über ihren Gesundheitszustand auslöste.

Für die Freilassung Liu Xiaobos gibt es eine internationale Kampagne, für die mehrere hunderttausend Unterschriften gesammelt wurden. Im Februar forderten mehr als 140 Nobelpreisträger, der Dissident müsse freikommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • U
    unbenannt

    Die Bestätigung des Richterspruchs stelle die Rechtsstaatlichkeit in China „leider erneut ernsthaft in Frage.

     

    Als ob solche Aussagen die Regierung und deren Justitz beeindrucken würde.

     

    Würde sich die Welt über das Urteil aufregen ginge es dabei um keinen Friedensnobelpreisträger ? Sicher nicht.

     

    Wenn man bedenkt wie viele Menschen in Afrika (z.B. Kongo) verschleppt, gefoltert ungerecht verurteilt werden, Menschen in Gefängnissen verhungern oder an Krankheiten sterben müssen oder zu Tode geprügelt werden, Frauen in Massen vergewaltigt, gibt es keinen Aufschrei, keine Unterschriftensammlungen, nicht mal Meldungen in den Medien.