Junkies in Kreuzberg: Ein Haus mit tausend Möglichkeiten
Nach Monaten der Suche präsentiert das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg seine Pläne für einen neuen Drogenkonsum-Raum am Kottbusser Tor.
Nun ist es raus: Der neue Drogenkonsumraum in Kreuzberg wird in einem Raum in der ehemaligen Gerhardt-Hauptmann-Schule in der Reichenberger Straße 131 untergebracht werden. Das verkündeten Bezirksbürgermeister (Grüne) Franz Schulz und Gesundheitsstadtrat Knut Mildner-Spindler (Linke) am Mittwoch Abend auf einer Informationsveranstaltung für Anwohner in der Zik-Orangerie in der Reichenbergerstraße.
Erst vor wenigen Monaten waren die durch den Verein Fixpunkt betriebenen Räumlichkeiten in der Dresdener Straße gekündigt worden. Dadurch verschärfte sich die Situation rund um die Drogenszene am Kottbusser Tor weiter, die schon seit der Schließung eines leerstehenden Parkhauses im Sommer 2008 vermehrt die Plätze rund um die U-Bahn-Eingänge belagert hatte.
Doch die Suche nach neuen geeigneten Räumen, wo die Junkies unter medizinischer Aufsicht und hygienischen Bedingungen ihre Drogen nehmen können, gestaltete sich äußerst schwierig. "Wir hätten mit einem Karren voll Gold durch den Bezirk ziehen können, niemand hätte an uns vermietet", berichtete Mildner-Spindler. Allen sei zwar theoretisch klar, dass es solcher Hilfsangebote bedürfe, aber "eben nicht vor meiner Haustür". Deshalb war auch die Presse vor wenigen Monaten Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen, heftig angegangen, weil in einem von ihm mitbewohnten Haus in der Nähe des Kottbusser Tors die Hausgemeinschaft die Einrichtung eines Drogenkonsumraums in einem leerstehenden Laden ablehnte.
Nun aber hat der Bezirk in der Reichenberger Straße doch ein bezirkseigenes Objekt in fußläufiger Entfernung zum "Kotti" gefunden. Die konkreten Pläne für das in einem Hinterhof an der Ecke Reichenberger-, Ohlauer Straße gelegene Gebäude erläuterte Astrid Leicht, Leiterin von Fixpunkt, am Mittwoch vor rund 50 AnwohnerInnen. Geplant sind vorerst Öffnungszeiten an fünf Tagen in der Woche für jeweils rund vier Stunden. Um den viel größeren Bedarf befriedigen zu können, fehle das Geld für weiteres Personal. Aber langfristig biete das Haus ein großes Potential mit "tausend Möglichkeiten". Laut Leicht sollen die Räumlichkeiten, die über eine Stiftung gekauft und langfristig an Fixpunkt vermietet werden, in den kommenden Monaten umgebaut und im Frühjahr 2010 eröffnet werden.
Bei der anschließenden Diskussion verwahrte sich Gary Menzel, Leiter des für diesen Bereich Kreuzbergs zuständigen Polizeiabschnitts, gegen die auch im alternativen Kreuzberg immer wieder erhobenen Forderungen nach mehr Aktivitäten der Polizei gegen Dealer. Einerseits gingen diese sehr "arbeitsteilig" vor, was trotz "hohem Personal- und Materialaufwand" das "Schließen der Beweiskette schwierig macht". Und er sprach sich gegen härtere Gesetze aus, "denn diese lösen das menschliche Problem der Drogenabhängigkeit auch nicht".
Zudem es am Kottbusser Tor weitere Beschwerden über die sich vor allem vor dem Eingang eines Supermarktes aufhaltenden Trinkerszene gibt. Für diese soll nun laut Mildner-Spindler "geprüft werden", ob nicht auf der Mittelinsel unter der Hochbahn "ein kleiner Stadtplatz mit Kiosk und vor allem Toiletten" errichtet werden kann. Denn dies ist für viele AnwohnerInnen das drängenste Problem. Christoph Villinger
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