piwik no script img

Junkie-GedenktagBunte Blumen und kleine Kreuze

■ Aktion zu Ehren der Drogentoten blieb von Amts wegen unvollständig

Ingo Martens war einer von vielen. Gestern vor zwei Jahren ist er gestorben. Und obwohl das in Gladbeck war und hier in Bremen wohl kaum einer Ingo Martens kennt, standen gestern unzählige kleine Kreuze am Ziegenmarkt. Ihm zu Ehren, und zu Ehren der vielen anderen Drogentoten im Land. Bunte Blumen, eine Namenstafel, Kaffee und Brötchen für Junkies und Engagierte – so sah das Happening zum „Nationalen Gedenktag für verstorbene DrogenkonsumentInnen“ in Bremen aus. Eigentlich wollten die VeranstalterInnen – der Verein J.E.S. und die Bremer Aids-Hilfe – einen Infotisch aufstellen, eine Rede halten, was richtig Offiziöses halt. Aber die Ämter wollten nicht. „Eine ganz einfache, kleine, praktische Differenz“ nennt Ortsamtsleiter Robert Bücking das, was im J.E.S.-Pressetext als „Konterkarierung“ des Hilfssystems und „Nichtachtung gegenüber den verstorbenen Menschen“ bezeichnet wird. Niemand habe etwas gegen aktzeptierende Drogenarbeit, erklärt Bücking, „aber nicht immer in diesem Stadtteil, der so viel zu tragen hat.“ Niedrigschwellige Angebote für Junkies am Rand des Stadtteils sollen dazu beitragen, „dass die Szene entzerrt wird, weg vom ewigen Sielwall“. Und da, findet der Ortsamtsleiter, „muss man nicht noch symbolisch einen draufhauen.“

Also passierte gestern am Ziegenmarkt alles aus dem Auto heraus. „Das steht auf einem Parkplatz, und das können sie uns ja wohl nicht abschleppen“, fand J.E.S.-Mann Marco Jesse. Erste Forderung der InitiatorInnen ist nach wie vor die Einrichtung eines Druckraumes. Nach Meinung von Sozialsenatorin Hilde Adolf besteht dafür zur Zeit „keine zwingende Notwendigkeit“. Das sehen die Betroffenen und HelferInnen ganz anders. „Es kann nicht sein, dass man lamentiert, dass soviele Leute in ihren Wohnungen sterben“, sagt dazu Marco Jesse. Und Conny Barth vom Dachverband Akzept erklärt, „dass Druckräume ja auch einen ganz anderen Blick aufs Thema ermöglichen“ und vielleicht bewirken, „dass die Leute zu einem vorsichtigeren und wertschätzenderen Umgang mit sich selbst finden.“ sgi

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen