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Jungvieh bringt Bauern im Allgäu viele Mäuse

■ Weil an Biorindern mehr dran ist, steigt Verkaufspreis weniger als Erzeugerpreis

1996 wird in die Annalen vieler Bauernhöfe in Bayern als Wendejahr eingehen. Es ist das Jahr, in dem für mehr als 40 Biobauern im Allgäu die Zukunft begonnen hat. Und es ist eine aussichtsreiche Zukunft, die die Landwirte fröhlicher dreinblicken läßt, als ihre Kollegen sonstwo.

Während sie bislang buckelten was das Zeug hält, um im Milchkreisel mithalten zu können, während sie tagtäglich neue Milchpreissenkungen und damit verbunden eine höhere Arbeitsbelastung wegstecken mußten, haben sie jetzt gerade die Kurve gekriegt.

Es war ein Pilotprojekt, das die Welt der Allgäuer Biobauern mit einem Schlag veränderte. Der regionale Marktführer unter den Supermarktketten, die Firma Feneberg, hat sich mit einer Reihe von Biobauern zusammengetan und das Projekt „Jungrind aus ökologischer Muttertierhaltung“ ins Leben gerufen. Der Rinderwahn aus Großbritannien hat die Absatzmöglichkeiten dabei extrem erhöht.

Fünfzig Prozent mehr pro Rind für die Bauern und nur zwanzig Prozent Mehrkosten für die Hausfrau – von Hausmännern ist nicht die Rede –, lautet die vermeintliche Zauberformel, die sich für beide Seiten rechnet. „Aufgrund der hohen Fleischqualität können aus diesen Tieren mehr Edelteile gewonnen werden“, erläutert Hannes Feneberg von der Geschäftsleitung des Familienunternehmens. „Und so können wir, trotz des um fünfzig Prozent höheren Einstandspreises im Endpreis mit einem Aufschlag von zwanzig Prozent kalkulieren.“

Genau das kommt bei den KundInnen im Allgäu gut an. „Für uns Bauern ist das Biofleisch aus dem Supermarkt eine Riesenchance“, sagt Biobauer Adi Sprinkart, der sich – wie man in Bayern sagt – wie ein „Schellenkönig“ freut, daß ab nächstes Jahr fünfmal soviel Bauern mitmachen wie heuer. Knapp fünfzig Landwirte haben auf kontrollierte Biolandwirtschaft umgestellt oder sind zur Zeit in der Umstellphase.

Trotzdem haben Feneberg und die Biobauern zur Zeit noch ein Problem: Sie können gar nicht so viel Biofleisch von Jungrindern anbieten, wie sich absetzen ließe. Auch im nächsten Jahr wird das Biofleisch für die 77 Filialen nur für etwa zwei Monate reichen. Trotzdem will man im Rahmen des Fenebergprojektes nicht von außerhalb zukaufen. Denn das ganze Konzept beruht auf einer strengen regionalen Ausrichtung. Um unnötig lange Tiertransporte zu vermeiden und die regionalen Strukturen zu festigen, wird nur im Umkreis von 70 Kilometern Fleisch eingekauft.

„Es ist doch ein Unsinn, daß wir über Hunderte, ja Tausende von Kilometern unsere Lebensmittel transportieren. Das mag ja bei höherwertigen Wirtschaftsgütern durchaus sinnvoll sein, aber nicht für Artikel des täglichen Bedarfs“, meint Biobauer Speichart.

Das Konzept wird von den Konsumenten goutiert. Und in einigen Jahren, da sind sich der Kaufmann und der Bauer sicher, kann das „Feneberg-Programm“ das ganze Jahr über angeboten werden.

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