Julia Schramm entdeckt Urheberrecht: Piratin gegen piratische Prinzipien
Das Buch der Piratin Julia Schramm wurde illegal online gestellt. Schnell hat ihr Verlag die kostenlosen Dateien löschen lassen.
BERLIN taz | „Ich verstehe nicht, wieso die Medien so einen Trubel veranstalten,“ sagt Wolfgang Ferchl, Verleger des Albrecht Knaus Verlags. Am Montag tauchte ein kostenloser Download des Buchs „Klick Mich“ der Piratin Julia Schramm auf. Das Bekenntnisbuch der Datenrechtlerin war am Montag im Albrecht Knaus Verlag der Verlagsgruppe Random House erschienen.
Der Download war als PDF über den Speicherdienst Dropbox aufgetaucht und sei ganz klar „illegal“ gewesen, so Ferchl. Da Schramm als Autorin ihre Nutzungsrechte an den Verlag übertragen hatte, wies dieser umgehend Dropbox auf den illegalen Download hin und bat, diesen zu löschen. „Dies geschah unverzüglich, weshalb wir keine juristischen Schritte einleiten mussten,“ erklärte Ferchl am Dienstag taz.de.
Schramm setzt sich seit Jahren für eine Demokratisierung des Datenschutzes ein und sitzt im Bundesvorstand der Piraten. In einem Podcast bezeichnete Schramm die Idee des geistigen Eigentums als „ekelhaft“. Die Befürworterin des freien Kopierens sagt darin auch, das als „leechen“ bezeichnete illegale Saugen von urheberrechtlich geschützten Inhalten sei „Notwehr“. „Ich finde, wir dürfen diese Leute nicht wie Mörder behandeln.“
26, wuchs im Rheinland auf. Schramm hat Politik, Amerikanistik und Staatsrecht in Bonn studiert. Seit April 2012 ist sie Beisitzerin im Bundesvorstand der Piratenpartei. Sie will zum Datenschutz promovieren. Sie bloggt auf juliaschramm.de.
Dass dies nicht der Fall ist, erklärt Verleger Ferchl vom Knaus Verlag. Privaten Nutzern, die Kopien von Büchern zu Hause herunterladen, ohne dafür zu bezahlen, werde zunächst eine gelbe Karte gezeigt. Erst wenn sie dies weiterhin machten, ginge der Verlag „zivilrechtlich – nicht strafrechtlich“ gegen sie vor.
Kopieren legalisieren und fördern
Julia Schramm soll von den Kopierern einen Absatz aus dem Parteiprogramm der Piraten geschickt bekommen haben. Danach fordern die Piraten „das nichtkommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur zu legalisieren, sondern explizit zu fördern, um die allgemeine Verfügbarkeit von Information, Wissen und Kultur zu verbessern“.
Wegen der politischen Positionen der Piraten wird das Löschen der nicht genehmigten Kopie von Schramms Buch im Netz als widersprüchliche Aktion kritisiert. Spötter auf Twitter fragen, ob sie ihr eigenes Buch gelesen hat und sehen in ihr einen Fall von: „Piratisch reden, bürgerlich leben“.
Für eine persönliche Stellungnahme war Schramm bislang nicht zu erreichen. Sie reagierte aber auf ihrer Twitterseite, indem sie einen Artikel postete, in dem steht, wie viel es kostet, ein Buch zu veröffentlichen. Wer sein Buch möglichst kostenfrei zur Verfügung stellen möchte, heißt es da, verlege es am besten selbst. Für das am Montag erschienene Buch soll Schramm nach Medienangaben vom Verlag ein Vorschusshonorar von 100.000 Euro erhalten haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit