: Jugendwerkstätten vor dem Konkurs
■ Bremer Arbeitssenatorin Sabine Uhl rechtfertigt sich: „Klagen gibt es überall“
Der Vorstand der Jugendwerkstätten wird möglicherweise in diesen Tagen einen schweren Gang gehen: Zum Konkursrichter. Arbeitssenatorin Sabine Uhl weigert sich, dem Ausbildungs- und Beschäftigungsträger versprochene Mittel auszuzahlen. Damit steht der Betrieb mit 585 Beschäftigten mit mindestens 600.000 Mark in der Kreide und vor dem Aus.
Die Jugendwerkstätten stehen damit allerdings nicht alleine: Das Arbeitsressort hatte versprochen, bis Montag eine Liste vorzulegen, auf der die Stellen aufgeführt werden sollten, deren Finanzierung den Projekten versprochen worden war. Doch trotz Ankündigung konnte weder der Koalitionsausschuß, noch die SPD-Fraktion beraten. Es soll noch einmal vierzehn Tage dauern, bis Sabine Uhl die Liste geprüft hat und vorlegen kann. Auf die Kritik von Seiten der Koalitionspartner angesprochen, sagte sie gestern lapidar: „Klagen gibt es überall“, und wollte sich nicht weiter äußern.
Am Montag hatte Christian Weber, Geschäftsführer der Jugendwerkstätten, der Belegschaft mitgeteilt, daß sie auf das Weihnachtsgeld noch ein wenig warten müßte. Vermutlich könne der Betrieb in der kommenden Woche zahlen, „Aber das ist auch nur ein Hinschummeln bis zum nächsten Gehalt.“ Das Ressort hat immense Finanzierungsprobleme, deshalb hatte die Arbeitssenatorin Weber eine Kündigungswelle nahegelegt: Er sollte die Leute vor die Tür setzen, die aufgrund mündlicher Finanzierungszusagen beschäftigt würden. Nur noch der „unabwendbare Bedarf“ würde von Seiten des Ressorts übernommen. Auf die Zusagen des Ressorts hin waren aber bereits viele MitarbeiterInnen eingestellt und vorfinanziert worden. Bis heute seien aber die Versprechen nicht eingehalten worden, so Christian Weber. Jetzt klafft ein Loch in der Kasse, das 900.000 Mark tief ist. Wenn der „unabwendbare Bedarf“ nachgeschaufelt wird, bleiben 600.000 Mark Schulden, genug für den Gang zum Konkursrichter.
Und das sind nicht die einzigen Gelder, auf die die Jugendwerkstätten warten: Schon bewilligte 500.000 Mark werden vom Uhl- Ressort zurückgehalten. Christian Weber „Dieses Chaos hat Sabine Uhl politisch zu verantworten, inhaltlich ihr Staatsrat Manfred Weichsel. Der hat den Laden nicht im Griff.“
Weber ist Mitglied der SPD- Fraktion. Den Fraktionsvorstand hat er informiert. Dagmar Lill, Vereinsvorsitzende der Jugendwerkstätten hatte schon gestern morgen um acht mit Sabine Uhl geredet. Gestern abend sollten ihre Verhandlungen weitergehen. Lill: „Ich hoffe, daß wir die Liquiditätsprobleme überbrücken können.“ Dagmar Lill trägt Zuversicht: „ich bin von Berufs wegen Optimistin.“ Das muß sie auch sein: Als Vorsitzende haftet sie persönlich.
Jochen Grabler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen