Jugend in der EU: Garantie auf Arbeit
Alle 25-Jährigen in der EU sollen künftig binnnen vier Monaten einen Job bekommen. Dafür will die EU-Kommission eine Garantie von den Mitgliedstaaten.
BRÜSSEL dpa/taz | Die EU-Kommission will, dass alle unter 25-jährigen Arbeitslosen in der EU zukünftig binnen vier Monaten einen neuen Job finden – oder einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz erhalten. Dafür sollen die Mitgliedstaaten im Rahmen der „Jugendgarantie“ sorgen, die Arbeitskommissar László Andor am Mittwoch in Brüssel vorstellte.
„Es ist klar, dass die Eurozonenkrise die Arbeitslosigkeit hochtreibt – und die junge Generation trifft es am schlimmsten“, warnte Andor. „Wir müssen jetzt in diese jungen Leute investieren.“ Dafür will die Kommission die Mitgliedsländer mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds unterstützen. Neben der Jugendgarantie schlägt die Brüsseler Behörde Qualitätsleitlinien für Praktika und eine Stärkung dualer Ausbildungen vor.
Derzeit ist in 13 EU-Ländern mehr als jeder vierte junge Mensch arbeitslos, in den Krisenländern Griechenland und Spanien mehr als jeder zweite. Ein Drittel dieser jungen Arbeitslosen ist bereits seit mehr als einem Jahr ohne Beschäftigung.
Wie Staaten dagegen vorgehen können, zeigt bereits heute Österreich. Die Kommission führt zudem das Beispiel Finnland an. Der EU-Agentur Eurofound zufolge finden dort 83,5 Prozent der jungen Jobsuchenden 2011 innerhalb von drei Monaten neue Arbeit. Dies sei insbesondere mit persönlicher Unterstützung bei der Suche gelungen. Die Betreuungskosten beliefen sich in Schweden, wo es ein ähnliches Modell gibt, auf 6.600 Euro pro Jahr und Person, so die Internationale Arbeitsorganisation ILO.
Die 17 Länder der Eurozone würde die Einrichtung einer Jugendgarantie laut ILO 21 Milliarden Euro kosten – 0,45 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Kosten der Jugendarbeitslosigkeit seien jedoch viel höher, mahnt die EU-Kommission. Eurofound beziffert sie auf 153 Milliarden Euro pro Jahr – 1,21 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Jutta Steinruck, die Beschäftigungsexpertin der SPD-Europaabgeordneten, lobte die Vorschläge. Zugleich warnte die Sozialdemokratin: „Wir müssen streng darauf achten, dass Praktika nicht zur Ausbeutung verleiten.“ Zudem aber müssten weitere Ausbildungsplätze geschaffen werden, und zwar dort, wo die jungen Arbeitslosen leben. „Aktive Arbeitsmarkpolitik muss Ausbildungs- und Arbeitsplätze vor Ort schaffen“, so Steinruck, „Mobilität muss freiwillig bleiben.“
Die Jugendgarantie ist – wie die anderen Vorschläge – nur eine Empfehlung. Vorschreiben oder gar erzwingen kann die EU derartige Maßnahmen nicht. Aber die Mitgliedstaaten hatten bei ihrem Gipfeltreffen Ende Juni die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und insbesondere die „Initiativen der Kommission zu Jugendgarantien und Praktika“ selbst zum „entscheidenden Aspekt“ erklärt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“