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Jugend-Kunstprojekt in BremenEin großes gemeinsames Bild

Zum ersten Mal verbinden Jugendliche beim „Graffiti Camp“ Malen und andere Kunstformen. Gemeinsam gestalten sie das Schlachthof-Areal.

Brauchen Platz, um sich auszuprobieren: Jugendliche beim „Graffiti Camp“ vor dem Schlachthof Foto: Ann-Kathrin Just

BREMEN taz | Die Farbe aus der Dose auf die Wand zu bringen, ist gar nicht so einfach. „Passiert doch nichts!“, sagt Sven Dankleff, Kunsttherapeut und Leiter des „Graffiti Teams“ – und schon wird gemalt. „Graffiti Camp“ nennt sich das Projekt für Jugendliche, das in dieser Woche rund um das Kulturzentrum Schlachthof läuft und vom Kultur- und Bildungsverein Ostertor – kurz Kubo – veranstaltet wird. Schnell wird hier klar: Ein Bild nach den eigenen Vorstellungen entstehen zu lassen, klappt nicht sofort.

„Man muss 100 Dosen leer sprühen, bis man anfangen kann darüber nachzudenken, was man eigentlich genau malen will“, sagt Dankleff. Zunächst sollen die TeilnehmerInnen des Graffiti Camps ein Gefühl für die Dosen kriegen. Später hilft Dankleff dabei, dass tatsächlich das entsteht, was die Jugendlichen sich vorstellen.

Graffiti ist nur Ausgangspunkt

Das Camp findet zum fünften Mal statt, aber zum ersten Mal auf dem Gelände des Schlachthofs. Ein Dutzend Jugendliche sprühen, malen, werkeln auf den Rampen des Skateparks, neben dem Eingang, auf Bierbänken im Freien. Das besondere an dem Projekt ist, dass Graffiti nur der Ausgangspunkt sind. Die gesprayten Werke sind den Kids vertraut, die Kunstform ihnen näher als andere. Daher soll es am Schlachthof darum gehen, ihre Kreativität zu wecken.

Gemeinsam füllen die Jugendlichen diesen Raum mit Skulpturen, Graffiti-Bildern und „urban stitching“. Der Begriff „urban stitching“ umfasst verschiedene Arten Kunstobjekte mit Hilfe von Handwerkstechniken zu erschaffen. Dinge werden umhäkelt und genäht, Stoffe und Draht zu Skulpturen verbunden.

Bisher gab es das beim Graffiti Camp nicht. „Wir wollen dieses Jahr konzeptioneller Arbeiten“, sagt Beulshausen, „Graffiti steht nicht mehr alleine da, sondern verbindet sich mit anderen Kunstformen.“ So könnten die Jugendlichen Latten auf die Wände schrauben, bevor sie sie bemalten oder die entstehenden Skulpturen direkt ansprühen. „Wir wollen alle miteinander ein gemeinsames Bild erschaffen.“

Augen aus bemalter Pappe

Man muss 100 Dosen leer sprühen, bis man anfangen kann darüber nachzudenken, was man eigentlich malen will,

Sven Dankleff, Kunsttherapeut

Die TeilnehmerInnen experimentieren: Arme werden mit Folie umwickelt, aufgeschnitten, und das Gebilde angesprüht – und schon hat man einen Rückenkratzer. „Ich hab aus Draht eine Flasche gebaut – mit den bunten Steinen wird es dann eine Zahnpastatube und die hänge ich dann in die Bäume“, sagt Lilli Zelewski, Teilnehmerin des Camps, während sie die Steine mit verschiedenen Farben besprüht.

An der Mauer des Schlachthofs ist zwischen zwei Durchbrüchen ein Vogel entstanden. Zwei große runde Augen aus bemalter Pappe werden von einem Geflecht aus Bändern gehalten. Der dreieckige Schnabel schwebt dazwischen. „Vielleicht sollten wir den noch aus Holz machen, damit es beständiger wird“, rät Beulshausen.

Die Kunstobjekte werden auch über die Campwoche hinaus auf dem Schlachthof-Gelände bleiben – vermutlich so lange, bis sie wetterbedingt kaputt gehen.

Keine Möglichkeit zum Üben

Die Ideen der Jugendlichen sind vielseitig, was aber alle Kunstwerke verbindet, ist Graffiti. „Wir versuchen, von der Wand weg zu kommen, und zum Beispiel auch auf dem Boden zu arbeiten“, sagt Beulshausen. Dazu seien auch Plakate oder Stencel, also Schablonen, als Grundlage geeignet. So würde Graffiti zum Objekt werden und raumorientierte Kunst entstehen.

Einige TeilnehmerInnen sind schon mehrmals beim Camp dabei gewesen, andere sind zum ersten Mal da. Aber das Camp sei zu wenig, sagt Dankleff, es gebe keine legalen Flächen zum Üben für die Kids. „Graffiti ist fast schon eine Gruppentherapie, man malt ein Bild gemeinsam, lässt Ideen ineinander fließen und respektiert die Werke der Anderen.“

Wenn sie als Veranstalter Projekte planten, würden die Leute ihnen vertrauen und Flächen zur Verfügung stellen. „Aber wenn die Kids herkommen, sich ein bisschen ausprobieren und Gefallen am Malen finden, dann brauchen sie auch außerhalb des Camps die Möglichkeit zu üben“, sagt Dankleff. Das sei in Bremen nur am „Alten Sportamt“ möglich – und dessen Zukunft ist aktuell sehr ungewiss.

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