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Jürn Kruse Mitarbeiterin der WocheCollien Ulmen-Fernandes

Erst das Kinderbuch, nun die Doku. Collien Ulmen-Fernandes scheint ihr Thema gefunden zu haben: Kinder und Geschlechterrollen. In ihrem Buch „Lotti und Otto“ sind zwei Otter-Kinder die ProtagonistInnen (Untertitel: „Eine Geschichte über Jungssachen und Mädchenkram“): Er näht und backt und dekoriert gern, sie ist am liebsten draußen, baut Höhlen und fängt Fische. Als beide ins Ferienlager fahren, erwarten die ErzieherInnen von Lotti aber, dass sie näht und backt und dekoriert, und wollen von Otto, dass er sich in Wettkämpfen mit den anderen Jungs misst. Dann tauschen beide ihre Mützen (sie sehen sich nämlich sehr ähnlich), machen, was sie wollen, und am Ende sind alle glücklich, und die ErzieherInnen lernen auch noch was fürs Leben.

So klassisch, so simpel.

Im echten Leben ist es aber meistens nicht ganz so simpel. Und Otter hatte das ZDF gerade auch keine zur Hand. Deshalb widmet sich Ulmen-Fernandes in der zweiteiligen Doku „No More Boys and Girls“, die am Donnerstag um 20.15 Uhr bei ZDFneo läuft, realen Kindern. Welche Rollenbilder haben Siebenjährige? Und woher kommen die? Gibt es einen genetischen Unterschied, der Männer besser Abflüsse reparieren und Frauen besser backen lässt? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen den englischen Begriffen „Gender“ und „Sex“ (was auch beantwortet, warum die Gender-Forschung so und nicht Geschlechterforschung heißt)?

Die Antworten sind nicht sonderlich überraschend, die Machart aber durchaus sympathisch (was auch auf das Kinderbuch zutrifft). So funktioniert es einfach, wenn Ulmen-Fer­nandes die GrundschülerInnen zunächst PilotInnen, AutomechanikerInnen, TänzerInnen und FloristInnen malen lässt (und wenig überraschend die Erstgenannten alle als Männer, die beiden Letztgenannten als Frauen gezeichnet werden) – und dann einen männlichen Floristen, einen Balletttänzer, eine Kfz-Mechatronikerin und eine Pilotin in den Klassenraum marschieren lässt.

Überhaupt schafft es die ehemalige Viva-Moderatorin das ganze Thema unaufgeregt entspannt rüberzubringen. Sie selbst ist zwar absurd oft im Bild, aber so ist das nun mal bei sogenannten Factual-Entertainment-Formaten, aber bei aller Simplifizierung bleibt am Ende hoffentlich hängen: Niemand braucht Angst vor Gender-Forschung zu haben. Und: Vielfalt ist gut, nicht gefährlich.

Das wäre ja schon mal was.

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