Jürgen Vogt über Pseudoreformen in Venezuela: Kein Ausweg aus der Krise
In Prozentzahlen scheinen die gerade von Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro verkündeten Maßnahmen ungeheuer drastisch zu sein: 1.326-prozentige Benzinpreiserhöhung, 37-prozentige Abwertung des Bolívar gegenüber dem Dollar. Vor dem Hintergrund der schlimmen Wirtschafts- und Versorgungslage, die das Land seit Monaten im Griff hat, sind seine lang erwarteten und von ihm gebetsmühlenartig prophezeiten Maßnahmen aber alles andere als der Befreiungsschlag, geschweige denn ein Richtungswechsel.
In absoluten Zahlen sind die Änderungen schon weitaus weniger dramatisch: Der Preis von einem Liter Benzin steigt von nahezu null auf einen Bolívar und der Einkaufkurs des Dollar für Lebensmittel und Medikamente auf den internationalen Märkten von 6,30 auf 10 Bolívares. Geradezu lächerlich wirkt dies alles, legt man den Schwarzmarktkurs des Dollars zugrunde, der in Venezuela gegenwärtig zwischen 800 und 1.000 Bolívares für einen Dollar pendelt.
Perspektiven für einen Ausweg aus der Krise hat Maduro nicht. Es scheint, als treibe der stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse den Präsidenten vor sich her, und der klammert sich immer fester an die Macht. Die Macht hat in Venezuela, wer den Zugriff auf den Reichtum des Landes hat: das Öl. Seit der Verstaatlichung des Ölsektors haben zuerst einmal der jeweilige Präsident und seine Regierung die Verfügungsgewalt. Mit dem dramatischen Preisverfall der letzten Monate verfällt auch die Macht von Nicolás Maduro.
Die Opposition in der Nationalversammlung bereitet gegenwärtig seinen Abgang vor. Möglich ist ein Abwahlreferendum, das die Verfassung vorsieht. Möglich ist auch, eine Verkürzung der Amtszeiten von Präsident, Parlament und Oberstem Gerichtshof. Ob die alles überlagernde Krise für eine der beiden Möglichkeiten die Zeit lässt, ist eine ebenso offene Frage wie die, ob Maduros Abgang friedlich vonstatten geht.
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