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Jürgen Roland ist totMord und Alltag

Der Reporter und Fernseh-Regisseur Jürgen Roland hat Krimiserien wie "Stahlnetz" und das "Großstadtrevier" erfunden. Am Freitag ist er gestorben.

Ein großer Beobachter: Jürgen Roland, 1991. Bild: dpa

Immer hat er sich als Journalist verstanden - vor jeder ästhetischen Erwägung waren ihm die Fakten wichtig und wie diese zusammenhängen: Trotzdem wurde er Ende der Fünfzigerjahre als Erfinder der Krimiserie "Stahlnetz" gerade ihrer Dramaturgie wegen berühmt. Bis in jene Jahre gab es im jungen Medium des Fernsehens überhaupt keine realistisch anmutende Darstellung von Kriminalität - Jürgen Roland brach mit der Tradition, das Böse allenfalls theatralisch zu inszenieren. "Stahlnetz" war eine Krimireihe, in der es um Menschen ging, die bis dahin allenfalls im angloamerikanischen Kino auftreten konnten. Männer und Frauen, die aus Leidenschaft oder anderen alltäglichen Gründen strauchelten, töteten, logen und sich der Polizei entzogen. Roland hatte diese "Masche", wie er einmal sagte, dem britischen Fernsehen abgeguckt. Bei der BBC hatte er Anfang der Fünfziger als Nachwuchshoffnung des NDR einige Monate hospitiert und dort gesehen, dass das Fernsehen ein Massenmedium sein kann - und sich nicht nur an Bildungsbürger zu wenden hat.

Roland hat sein Handwerk, das des Reporters, beim NDR gelernt. Einer, der gern auf die Straße ging und von Schreibtischarbeit eher wenig hielt, der am allerliebsten jene sprechen ließ, die er als Originale verstand, als Figuren des Eigensinns. "Jeder Mensch hat in sich ein eigenes Drama - und Tag für Tag muss er es neu in Szene setzen": Er suchte sie, im Hafenviertel, in armen Wohnquartieren, in Büros, in Fabriken, nicht nur, wie später in Serien wie "Der Kommissar" oder "Derrick", in den Welten des gehobenen Bürgertums. Roland setzte nicht auf Enthüllung von Heuchelei, sondern auf Fälle überhaupt, auf Mord und Totschlag: "Sex & Crime sind eben die beiden großen Quotenbringer; da kann sich der Zuschauer im Sessel zurücklehnen und zu seiner Frau sagen: Siehste mal, verdreschen tu ich dich nicht."

Dieses "Stahlnetz" hat seinen Ruhm begründet, später hat er "Tatort"-Folgen gedreht, "Dem Täter auf der Spur" als Samstagabendquiz etabliert - und Mitte der Achtzigerjahre die konventionellste deutsche Polizeiserie zum ehernen ARD-Möbel gemacht, das "Großstadtrevier". Auch hier taucht die Polizei als Moderatorin einer Wirklichkeit auf, die ohne sie aus den Fugen geraten würde. Dass Roland immer die Polizei in Szene setzte, muss auch eine Reaktion darauf gewesen sein, dass er, Jahrgang 1925, in den letzten NS-Tagen noch in der Wehrmacht diente: In keinem seiner Filme findet sich auch nur ein Hauch von Verehrung für das Militär - dafür umso mehr für die Polizei.

Zu seinem meist erfolgreichen Leben meinte er vor zehn Jahren, längst im Pensionsalter, er habe mehr erreicht, als er sich als junger Mann habe vorstellen können. "Ich habe es mir erarbeitet. Als Journalist, der immer beobachten wollte." Roland ist am Freitag im Alter von 81 Jahren gestorben. JAN FEDDERSEN

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