piwik no script img

Jürgen Lessat Pi-Pa-Pofalla

Machen wir uns nichts vor. Es hat in der Bananenrepublik Deutschland schon immer pofallat. Der „brutalstmöglichste“ CDU-Ministerpräsident von Hessen etwa ist durch die Drehtür gehuscht, die vom politischen Amt direkt auf einen gut bezahlten Posten in der Wirtschaft führt. Roland Koch leitet heute den Baukonzern Bilfinger Berger. Die einstige baden-württembergische CDU-Verkehrsministerin Tanja Gönner machte sich nach parteiinterner Niederlage flugs aus dem Stuttgarter Staub, um in der Chefetage der bundeseigenen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Eschborn zu landen. Ganz zu schweigen vom roten Gerd (Schröder) und vom grünen Joschka (Fischer), die nach ihrer Abwahl als Kanzler und Außenminister früher oder später ungeniert auf Lobbyist umsattelten.

Es gibt Dutzende Beispiele für Pofallismus, dem Kontext mit Dietrich Birk, einst Staatssekretär in CDU-Kabinetten von Günther Oettinger und Stefan Mappus, heute ein weiteres hinzufügt. Der Göppinger Landtagsabgeordnete wechselte zu Jahresbeginn von der harten Oppositionsbank auf den Lobby-Chefsessel der hiesigen Maschinen- und Anlagenbauer. Kontext wollte mit Birk an seinem ersten Arbeitstag am neuen Arbeitsplatz reden. Doch Birk wollte nicht. Wohl wegen des Wirbels um Pi-Pa-Pofalla. Dabei hatte sich bislang niemand über Birks Drehtürkür aufgeregt. Nach seiner Abschiedsrede im Landtag klatschte selbst der politische (inkorrekte?) Gegner (Grüne und Rote) stehend Applaus.

Auch unter Journalisten gab es spektakuläre Seitenwechsel, ohne jegliche Karenz und Genanz. Ulrich Wilhelm etwa, seit Anfang 2011 Intendant des Bayerischen Rundfunks, war zuvor Staatssekretär im Berliner Presse- und Informationsamt, sprich Regierungssprecher von CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Davor hatte Wilhelm jahrelang in der bayerischen Staatskanzlei gearbeitet. Für Merkel spricht heute der frühere ZDF-Nachrichtenmann Steffen Seibert. Und ist es nicht erst recht Pofalla, wenn Bild-Vize Nikolas Blome stellvertretender Chefredakteur beim Spiegel wird? So erst geschehen im Dezember 2013.

Also alles wie gehabt bei der Causa Pofalla? Nicht ganz! Denn Merkels Ex-Kanzleramtsminister soll beim volkseigenen, pardon, staatseigenen Betrieb Deutsche Bahn ein neu geschaffenes Vorstandsressort Politik bekommen, um den Draht zwischen beiden zu verbessern. Was schon eine dreiste Umschreibung für hoch dotiertes Nichtstun ist.

Denn die Drähte zwischen dem Unternehmen und dem alleinigen Besitzer Bund sind schon bislang so kurz wie bei kaum einem anderen öffentlichen Konzern. Legendär sind die kolportierten wöchentlichen Telefonate zwischen dem inzwischen abservierten CSU-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und Bahnchef Rüdiger Grube. Von Ramsauers Nachfolger Alexander Dobrindt ist bislang nicht bekannt, dass er nicht telefonieren könne.

Doch manchmal bedarf es des persönlichen Aufeinandertreffens der Protagonisten. Und auch das ist leichter möglich, als Ortsunkundige denken. Denn in der Hauptstadt der Bananenrepublik klaffen zwischen Bahntower und Bundeskanzleramt nur knapp 1.000 Meter, die eine durchschnittliche Fußgängerin wie Angela Merkel (nach hoffentlich baldiger Genesung ihrer Ski-Langlaufverletzung) in knapp 15 Minuten zurücklegt. Mit derartigen Informations-Spaziergängen wäre die Kanzlerin zudem mehr an der frischen Luft, was sie in ihrer Neujahrsansprache der Nation als ihren festen Vorsatz für 2014 kundgab.

Zudem sitzen im Bahn-Aufsichtsrat drei beamtete Staatssekretäre – alles Fachleute aus den Wirtschafts-, Verkehrs- und Finanzressorts. Und der einzige Stimmberechtigte auf der jährlichen Hauptversammlung, in der die Unternehmensführung bestimmt und das Management entlastet wird, ist die Person des Bundesverkehrsministers. Fazit: Einen teuren Pi-Pa-Pofalla braucht es in der Chefetage der deutschen Bananenbahn nicht wirklich.