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Jüdische Kinder im 2. WeltkriegTeils nach der Rettung noch verfolgt

In Berlin erinnern Angehörige an Kindertransporte zur NS-Zeit. Einige Länder nahmen nur Kinder auf, sie mussten daher ohne Eltern fliehen.

Auch Hamburg hat ein Mahnmal: Blick auf die Skulptur „Kindertransport – Der letzte Abschied“ vor dem Bahnhof Dammtor Foto: Georg Wendt/dpa

„Züge ins Leben, Züge in den Tod“, diesen Titel trägt das Denkmal am Bahnhof Friedrichstraße. Auf der einen Seite der Skulptur sind vier Kinder zu sehen. Die Größeren tragen den „Judenstern“. Auf der gegenüber liegenden Seite laufen dem Betrachter ein Mädchen und ein Junge entgegen. Der Junge trägt einen Koffer, das Mädchen eine Tasche. Es hat einen Teddy im Arm.

Die vier Kinder stehen für die Todestransporte der Nazis in den Osten. Der Junge und das Mädchen symbolisieren die Rettung von etwa 14.000 jüdischen Kindern nach Großbritannien und in andere westliche Staaten.

Am Mittwoch ist die Skulptur und der Platz davor von blau uniformierten Polizisten eingeschlossen. Im Innern dieses Kreises sind zwei, drei Dutzend Menschen versammelt. Sie gedenken der Kindertransporte. Manche sind darunter, die zur zweiten Generation der Geretteten zählen. Die Gedenkstunde ist von der Kindertransport Organisation initiiert.

Ein „Funke der Hoffnung“ seien die Transporte gewesen, aber sie standen auch für Angst und Unsicherheit, sagt Kieran Drake von der britischen Botschaft. Die jüdischen Kinder fanden Aufnahme in Großbritannien, Frankreich, Schweden und den Benelux-Staaten. Nach der Pogromnacht im November 1938 hatten diese Länder ihre Einwanderungsbestimmungen gelockert – aber nur für die Kinder. Ihre Eltern mussten sie zurücklassen. Viele sahen sie niemals wieder.

Gestapo ließ Kinder ermorden

Nicht alle Kinder wurden gerettet. Nach Beginn des Kriegs fasste die Gestapo Kinder in den okkupierten Ländern und ließ sie ermorden.

Menschen, die damals im Bahnhof dabei gewesen sind, erzählten von grausamen Szenen auf den Bahnsteigen, wenn sich Väter und Mütter von ihren Kindern verabschieden mussten. Ein kleiner Koffer, eine Tasche und zehn Reichsmark, das war alles, was die Kinder ins Exil mitnehmen durften. Dort angekommen, kamen sie bei Pflegefamilien oder in einem Heim unter.

Edward Cox ist von der US-Botschaft gekommen. Er lobt den „außergewöhnlichen Akt der Menschlichkeit“, den die Aufnahmeländer damals zeigten. Zur historische Wahrheit zählt aber auch, dass die Vereinigten Staaten damals nicht zu diesen Rettern gehörten. Sie verweigerten liberale Einreiseregeln. Cox gedenkt der Ritshie-Boys, jener aus Emigranten gebildeten Spezialeinheit in der US-Army, die ab 1944 den Sieg der Alliierten vorzubereiten half. Und er spricht sich gegen den „Hass“ aus, eine Sichtweise, die nicht unbedingt den jüngsten Äußerungen seines Präsidenten entspricht.

Aber diese Interpretation stößt in der Berliner US-Botschaft gewiss nicht auf Zustimmung.

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