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Juden, Deutsche und IsraelisEine nach wie vor schwierige Debatte

Die Ambivalenzen des Axel Springer: Die Konferenz "Juden, Deutsche und Israelis" war eine Vorbereitung auf eine geplante Ausstellung zum Pressezaren.

Polizisten schützen den Axel Springer Verlag in der Berliner Kochstraße. (Archivbild von 1968) Bild: ap

Das Fritz-Bauer-Institut und das Jüdische Museum in Frankfurt am Main planen eine Ausstellung über Axel Springer und seinen Medienkonzern. Zur Vorbereitung dieser Ausstellung luden das Institut und das Museum am Sonntag und Montag zu einer international besetzten Konferenz mit dem Titel "Juden, Deutsche und Israelis". Wie Rafael Gross, der Direktor beider Institutionen, ausführte, steht die Ausstellung innerhalb des Schwerpunktprogramms des Museums in Frankfurt am Main, das der Konfliktgeschichte zwischen Juden und Deutschen nach 1945 bereits drei Ausstellungen gewidmet hat - über Ignatz Bubis, die Frankfurter Schule und die nach Deutschland emigrierten Juden aus der ehemaligen Sowjetunion.

Zur Einführung sprachen der israelische Botschafter a. D. Avi Primor und Dimitrij Belkin, Projektleiter der geplanten Ausstellung. Das Konzept der Ausstellung steht noch nicht fest, aber aus Belkins Ausführungen ging hervor, dass die Ambivalenzen Axel Springers, der sich gelegentlich als "Christ-Jude" bezeichnete, im Vordergrund stehen sollen.

Springer gründete 1952 die Bild-Zeitung und engagierte sich für die Verständigung mit Israel. Gleichzeitig arbeiteten ehemalige Nationalsozialisten wie Paul Karl Schmidt alias Paul Carell und Horst Mahnke bei Springer. Carell arbeitete in der Presseabteilung des Außenministers Ribbentrop und Mahnke war SS-Hauptsturmführer.

Nach dem Krieg war er zuerst beim Spiegel, ab 1960 bei Springer. Springer war ein religiöser Mensch, zugleich hatte er ein Flair für allerlei Wahrsagerei und Hokuspokus. Die Charakterisierung der Bild-Zeitung als "Postholocaustboulevard" (Belkin) stieß bei Referenten und Zuhörern ebenso auf Skepsis wie Spekulationen über das "postnationale Unterbewusstsein der Deutschen" (Belkin) oder die Idee, für Springer sei "Israel" so etwas gewesen wie das rätselhafte Wort "Rosebud" des Pressezaren Kane in Orson Wells Meisterwerk "Citizen Kane".

Avi Primor erzählte als Zeitzeuge lebendig von Springers Reisen nach und seiner Hilfe für Israel. Neben diesem Engagement war es nach Primor der "Antikommunismus", der Springers Denken und Handeln bestimmte.

Das konnte, wie Christina von Hodenberg ausführte, groteske Zügen annehmen: Für Springer war Berlin geteilt wie Jerusalem und umzingelt von feindlichen Kommunisten wie Israel von Arabern.

Wolfgang Kraushaar referierte über "RAF, Axel Springer und Israel" und zeigte, dass die Parole "Bild schoss mit" nach dem Attentat auf Rudi Dutschke wohl differenziert werden muss: Die Springerpresse hetzte zwar pauschal gegen die Studentenbewegung, aber der Attentäter las nicht Bild, sondern die Deutsche National- und Soldatenzeitung von Gerhard Frey.

Die Kritik des SDS an Springers Quasi-Monopol in Berlin hatte - so Kraushaar - verschiedene Wurzeln wie auch die Parole "Enteignet Springer!", an der wohl die Stasi ein wenig mitgestrickt hat. Erst nach dem Sechstagekrieg von 1967 wich die ursprüngliche Sympathie vieler linker Studenten für Israel einem verbalradikalen Engagement für die Palästinenser, das die RAF schließlich in Terrorakte umsetzte. Gudrun Kruip sprach über den Springer-Redakteur Ernst Cramer, der in Buchenwald interniert war und 1938 in die USA emigrierte.

Dass die Zusammenarbeit zwischen diesem deutschen Kulturpatrioten, dessen Verwandte von den Nazis ermordet wurden, und den Altnazis bei Springer fast reibungslos funktionierte, ist höchst befremdlich, aber nicht zu bestreiten.

Die beiden Podiumsdiskussionen zum Abschluss zeigten einmal mehr, wie schwierig die Debatte über Deutsche und Israel nach wie vor ist - nicht zuletzt, weil Kritik an der israelischen Regierungspolitik von eifrigen deutschen Meinungswächtern oft als "antisemitisch" apostrophiert wird. Eine Diskussion galt den zunächst vier, dann fünf Essentials, auf die Springer seine Journalisten verpflichtete.

Zu den Essentials gehören nicht nur presserechtliche Selbstverständlichkeiten, sondern auch das Eintreten für "die Lebensrechte des israelischen Volkes". Der Status dieser pathetischen Verpflichtungserklärung und der alltägliche Umgang damit sind noch nicht geklärt, aber ein Vertreter des Springer Verlags versicherte, dass ihm kein Fall bekannt sei, der wegen deren Verletzung arbeitsrechtliche Konsequenzen gehabt habe.

Der Historiker Norbert Frei riet den Ausstellungsmachern in seinem Schlusskommentar, Springers Person und sein Wirken stärker auf die politischen und medienpolitischen Kontexte zu beziehen. Das hätte man sich -mit Ausnahme der Referate von Gudrun Kruip und Wolfgang Kraushaar - auch von den anderen Referenten gewünscht.

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2 Kommentare

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  • HH
    Harri Hirsch

    Können Sie mir bitte erklären, inwiefern Springers Bild von Berlin als geteilter Stadt - als Insel umringt vom Staatsgebiet der Täterä, dem ersten und hoffentlich historisch einzigen Arbeiter- und Mauernstaat in Deutschland, grotesk gewesen sein soll? Das war doch Realität.

    Wer wie ich Vopos bei der Grenzkontrolle erlebt hat, die einer harmlosen - aus Pakistan stammenden - Schülerin, die Einreise nach Ost-Berlin verweigerten, Vopos, die auf Knien durch Züge robbten, um verdächtiges Material zu suchen, konnte die feindseelige Lächerlichkeit dieses Systems mit Händen greifen.

  • R
    reblek

    "RAF, Axel, Springer und Israel" - Schönes Komma zwischen "Axel" und "Springer". Ist Schizophrenie angedeutet?

     

    (Nein, so war das nicht gemeint. Es ist einfach nur ein Komma zu viel. Jetzt ist es wieder weg. Mit Dank für den Hinweis, die Red./wlf)