Jubiläums-Tatort: Rund und Rustikal
Schenk und Ballauf werden zehn. Der Kölner "Tatort" war schon mal besser: "Nachtgeflüster", So., 20.15 Uhr, ARD.
W er feiert schon gerne Jubiläen? Man zwingt sich ein Lächeln ab, obwohl der Anlass doch nur daran erinnert, dass die Zeit unaufhaltsam voranschreitet. Dann steht man da, so betont heiter wie Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt auf dem Foto zur Pressemappe ihres neuesten "Tatorts", mit dem die zehnjährige Zusammenarbeit zelebriert werden soll: Die beiden lehnen locker an einem Bistrotisch, den irgendein Einfaltspinsel mit einer traurigen Luftschlange drapiert hat, und halten grinsend ein Kölsch in die Kamera. Oje.
Einen besseren Fall als "Nachtgeflüster", ein schwerfällig konstruiertes Mörderrätsel aus der Medienwelt, hätte man Bär und Behrendt für ihren Jubeltag trotzdem gewünscht. Immerhin zeichnen sich der Runde und der Rustikale durch ihre Solidität aus. Radikaler Formwille und gediegene Städteimpressionen, politische Aufklärung und possierliche Imbissplauderein gingen in den 37 Kölner Folgen der letzten Dekade meist wirklich gut zusammen oder wechselten einander ab. Erstaunlich, wie viel journalistischen Input die Macher zuweilen ins Täterrätsel schleusen konnten.
Dass nun ausgerechnet der versierte Krimiregisseur Thorsten C. Fischer am Jubiläums-"Tatort" scheitert, führt vor Augen, wie schwierig es ist, Dynamik und Relevanz in eine Story zu bringen, die vor allem auch der Ehrung der Ermittler dienen soll. Dabei hatte Fischer mit der Episode "Blutdiamanten" vorgemacht, wie man ein hochkomplexes Thema wie Edelsteinhandel aus afrikanischen Krisenregionen ohne aufdringliche Didaktik aufarbeitet. "Nachtgeflüster" (Buch: Stefan Cantz, Jan Hinter) hat aber weder Brisanz noch Spannung.
Auf den ersten Blick geht es zu wie in jedem rheinischen "Tatort": Schenk flüstert unentwegt in sein Handy, um die wenigen Rückstände seines Privatlebens zu sortieren. Single Ballauf schiebt eine Extranachtschicht an einem Imbiss, von wo aus er Verdächtige observiert. Zuvor wurde ein Polizist ermordet; der echte oder vermeintliche Mörder prahlt nun im Nighttalk eines lokalen Radiosenders. Doch all die angelegten Aspekte über die Medienwelt und ihre Sensationsmechanismen bleiben unausgeleuchtet. So diffus die Erzähllinie ist, so überzeichnet kommen die Charaktere daher - von der ruchlosen Radio-Geschäftsführerin über die philosophierende Moderatorin bis zum devoten Praktikanten. Wer so beflissen Kaffee holt, muss was auf dem Kerbholz haben.
Trotz all der Impressionen, in denen das nächtliche Köln so schwarz und geheimnisvoll schimmert wie New York in den schönsten US-Krimis, bleiben die Stadt und ihre Menschen seelenlos. Schauderhaft, aber so sind Jubiläen wohl nun mal.
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