Jubiläum bei den Simpsons: Oh, Beer! Woohoo!
Jubliäum in Springfield – Prost! Am Sonntag läuft die 500. "Simpsons"-Folge. Doch nur deutsche Fans können Homers Lieblingsbier "Duff" dazu trinken.
Am 19. Februar wird in den USA die 500. Folge der "Simpsons" ausgestrahlt. In 22 Jahren hat die Sendung alle relevanten Rekorde gebrochen und Preise gewonnen. Sie ist die am längsten laufende Sitcom überhaupt und erhielt mehr Emmys als jede andere Fernsehserie. Es gibt die Simpsons auf US-Briefmarken und selbstverständlich hat die Familie ihren eigenen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. In Deutschland zählen die "Simpsons" spätestens zur Hochkultur, seit in der renommierten FAZ-Comic-Bibliothek ein Band der Simpsons zwischen "Corto Maltese" und Will Eisner erschien.
Für die echten Fans startete der "Simpsons"-Sender Fox aus diesem Anlass am 8. Februar den "Ultimative The Simpsons Fan Marathon" in Los Angeles. Alle 500 Episoden werden am Stück gezeigt, so soll mal wieder ein Rekord eingestellt werden: Den für Fernsehschauen ohne Unterbrechung (bisher: 86 Stunden). Falls das jemand durchhält, kann er von Fox ein Preisgeld von 10.500 Dollar gewinnen.
Zum Inhalt der Jubiläumssendung erfährt man derweil vorab recht wenig: Die Simpsons werden aus Springfield vertrieben und dadurch wird Julian Assange, der seine Rolle an einem geheimen Ort eingesprochen hat, ihr neuer Nachbar. Das klingt nicht besonders spektakulär, hatten doch von Tony Blair über Lady Gaga bis zu Thomas Pynchon zahllose Prominente eigensynchronisierte Gastauftritte. Doch drehen die Simpsonsmacher in Sendungen mit runden Jubelzahlen, den "Meilensteinen", traditionell richtig auf.
So sagte mir mal ein Münchner Regisseur, dass er die Simpsons nicht schauen würde, weil das ja Zeichentrick und für Kinder wäre. Ich zwang ihn, mit mir den Meilenstein "Die sich im Dreck wälzen" (Folge 200) zu gucken. Darin beschließt Homer, als kommunaler Müllmanager zu kandidieren. Er gewinnt die Wahl dank absurder Versprechen und verpulvert seinen Etat in kürzester Zeit. Danach lässt er gegen Bezahlung so viel Müll aus dem ganzen Land unter der Stadt einlagern, bis sogar der eingegangene Kuschelhase der Nachbarn während seiner Beerdigung aus seinem Grab im Vorgarten wieder hervorquillt, gespickt mit gebrauchten Spritzen. Als Notfallplan verlegt man schließlich ganz Springfield um einige Meilen und lässt den Müll einfach zurück.
Liebeserklärung an den Marxismus
Während er das schaute, brach es aus dem Regisseur im breitesten Bayrisch hervor: "Dös is ja marxistisch." Da er Dialekt ansonsten nur beim Flirten einsetzt, halte ich es bis heute für eine spontane Liebeserklärung.
Doch stellt sich die Frage, was man anlässlich des Jubiläums konsumieren sollte. Bier scheint die logische Antwort. Homer Simpson könnte mit Bier locker 86 Stunden am Stück fernsehen. Nun haben wir im deutschsprachigen Raum etwas, was den amerikanischen Fans fehlt: Richtiges Duff-Bier, Homers Lieblingssorte, gebraut von der nordosthessischen Eschweger Klosterbrauerei. Da sie es für die deutsche Firma Duff Beer UG herstellt, erwähnt die Brauerei die Sorte noch nicht mal auf ihrer Internetseite.
Duff-Bier nur in Deutschland
Offiziell aus Jugendschutzgründen hat Matt Groening, Schöpfer der Simpsons und zusammen mit Fox Rechteinhaber, ein Bier als Merchandise-Produkt stets abgelehnt. So wurde bereits 1997 ein australisches und 2001 ein neuseeländisches Bier aus namensrechtlichen Gründen vom Markt geklagt. Das deutsche Bundespatentgericht hingegen hat 2004 eine ähnliche Klage zurückgewiesen. Zwar sah es das Gericht als glaubhaft an, dass "mit 'Duff Beer' ein billiges Bier mit schlechter Qualität bezeichnet werde, welches das Lieblingsgetränk von Homer Simpson sei". Da aber nicht überzeugend dargelegt wurde, dass über 60 Prozent der deutschen Biertrinker ein "Duff Beer" kennen würden, was erst zu einem besonderen Markenschutz führen würde, verlor der Kläger.
Laut Daniel Drescher, Gründer der deutschen Duff Beer UG, war das Bier eine Discoidee von ihm. Inzwischen brauen es die Eschweger schon seit 2007 nach spezieller Rezeptur. Steil aufwärts ging der Absatz, als 2009 große Handelsketten wie Edeka und Real in den Verkauf eingestiegen sind. In den Supermärkten findet man Duff dort, wo auch das mexikanische Bier mit Caipirinhageschmack steht. Passenderweise wurde gerade auch noch ein "Duff Grape" auf den Markt gebracht.
ist Kurator für Komische Kunst. Zuletzt gab er den Katalog zur Franziska-Becker-Ausstellung "Letzte Warnung" im Caricatura-Museum Frankfurt heraus.
Das Duff-Bier aus Springfield? Aber nicht doch!
Offiziell streitet Daniel Drescher selbstverständlich jede Verbindung zwischen deutschem Duff und der Fernsehserie ab. Zwar sind die Unterschiede zum offiziellen Duff bei Etikettenlayout und -schriftart so gering gehalten, dass sie dem Kunden nicht bewusst auffallen. Dennoch stellen sie schon eine juristisch relevante grafische Veränderung dar, so Steffen Volkmer vom Stuttgarter Panini Verlag, der deutschen Heimat der Simpson-Comics.
Anders der Duff-Shop in Österreich. Der wirbt auf seiner Internet-Startseite mit dem Duff-Man, dem Brauereimaskottchen der Fernsehserie. Hier erfährt man auch, dass es sich bei Duff um ein "deutsches Lager" handelt - diese Wörter dürften in wenigen Ländern einen guten Klang haben. Neben dem Bier gibt es in dem Shop noch eine Menge wirklich offizieller Duff-Produkte aus dem Hause Simpson, wie Bettwäsche, Spielkarten, Uhren oder Flaschenöffner.
Diese Geschichte und viele andere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 18./19. Februar - am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Einen dieser Flaschenöffner besaß übrigens der Gastgeber einer Feier, auf der ich Silvester 2010 war. Bei Benutzung ruft der Öffner voller Begeisterung mit der Originalstimme von Homer: "Oh, Beer! - Yes, oh Yes! - Woohoo!" aus. Das hat uns vielleicht nicht dazu animiert, noch mehr zu trinken, aber die Flaschen wurden eindeutig schneller geöffnet. So viel zum Jugendschutz.
Jugendschutz in Litauen
Der ist den Litauern besonders wichtig und daher haben sie Alkoholwerbung in den Medien komplett verboten. Da auch das Comicmagazin The Simpsons in Litauen erscheint, wurde der zuständige Verlag Media Incognito unter Verweis auf das reale deutsche Duff im April 2011 zu 10.000 Litas (2.900 Euro) Strafe verurteilt, auch wenn es das Bier in Litauen gar nicht gibt. Der Verlag stellte die Serie daraufhin ein, wie Linas Ruzgis vom dortigen Verlagshaus berichtet.
Aber vielleicht ist Alkohol auch nicht das Richtige, um auf 500 Episoden "Simpsons" anzustoßen. So puritanisch-amerikanisch ist die Serie schließlich schon, dass vor Alkohol immer auch gewarnt wird. Dafür haben die Mitglieder der Simpsons im Laufe der Zeit wirklich alle Drogen bestens gelaunt durchprobiert. In meiner Lieblingsfolge erhält Homer eine Missionarsanstellung auf einer Pazifikinsel. Er bricht zusammen, als er feststellt, dass die Einwohner kein Bier kennen. Also fügt er sich den lokalen Gegebenheiten und trägt fortan eine Kröte mit halluzinogenem Schleim in seiner Brusttasche herum, an der er einfach hin und wieder leckt. Seine Pupillen vergrößern sich und tiefe, entspannte Ausgeglichenheit überzieht sein Gesicht.
Niemals habe ich eine überzeugendere Werbung für das Ablecken von Giftkröten gesehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“