Jubel bei Unterzeichnung in Doha: Waffenstillstand in Darfur
Die größte Rebellenbewegung JEM schließt einen Waffenstillstand mit der Regierung. Jetzt soll ein umfassender Friedensvertrag für Darfur folgen. Aber das ist keineswegs sicher.
NAIROBI taz | Die Besucher im Saal waren in Feierlaune, als Sudans Präsident Omar al-Bashir und der Chef der Darfur-Rebellenarmee JEM (Bewegung für Gleichheit und Gerechtigkeit), Khalil Ibrahim, sich die Hände reichten. Mit Johlen, Schulterklopfen und Händeschütteln gratulierten die in Katars Hauptstadt Doha anwesenden Staatschefs, Diplomaten und Rebellen sich gegenseitig zu dem "wichtigen Schritt in Richtung Frieden", wie Bashir die Unterzeichnung eines Waffenstillstands zwischen seiner Armee und der militärisch stärksten Rebellengruppe Darfurs genannt hatte. Seit Mittwoch, Schlag Mitternacht, sollen in der westsudanesischen Region die Waffen schweigen - zumindest zwischen den beiden Vertragsparteien. Der Vermittler, Katars Emir Hamad ben Khalifa, sagte eine Milliarde US-Dollar für eine Bank zum Wiederaufbau Darfurs zu. So ausgelassen war die Stimmung, dass ausgerechnet Rebellenchef Ibrahim warnte: "Wir brauchen noch sehr viel Geduld und ehrliche Zugeständnisse beider Seiten."
Denn in dem nur vier Seiten starken Papier sind alle kritischen Fragen ausgespart. Fest steht zunächst nur, dass Sudans Regierung mehr als 100 zum Tode verurteilten JEM-Rebellen die Freiheit schenken wird. Auch auf eine Beteiligung der JEM an der Macht in Darfur und im Sudan hat man sich generell verständigt, ebenso wie auf die Integration der JEM-Kämpfer in Armee und Polizei, die Freilassung von Kriegsgefangenen und Entschädigungen für die Opfer. Doch Zahlen, Zeitpläne und andere Details sind noch offen. All dies muss erst noch verhandelt werden. Das von Bashir vorgegebene Ziel des 15. März für einen umfassenden Friedensvertrag bezeichnen JEM-Unterhändler als vollkommen unrealistisch.
Für Bashir, der vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen in Darfur gesucht wird, ist der Waffenstillstand dennoch ein Erfolg. Er braucht das Image als Friedensstifter - auch weil er sich im April erstmals seit seinem Putsch 1989 einer Wahl stellen muss. Seine Kritiker nennen den Waffenstillstand denn auch reine Show. "Die sudanesische Regierung ist sehr gut darin, Abkommen zu unterzeichnen, aber sehr schlecht darin, sie umzusetzen", wetterte etwa der Anführer der Sudanesischen Befreiungsarmee (SLA), Abdelwahid al-Nur.
Al-Nurs Rebellenbewegung lehnt den Waffenstillstand ab und wirft der JEM vor, nach Regierungsämtern zu schielen. Seine Meinung zählt in den Vertriebenenlagern Darfurs und Osttschads, wo nach UN-Schätzungen mehr als 2,7 Millionen Darfuris leben. Viele von ihnen hausen dort seit Beginn des Konflikts vor sieben Jahren unter ärmlichsten Bedingungen. Im Feld hingegen ist die JEM unbestritten stärkste Kraft - niemand verfügt über mehr Waffen und Ausrüstung. Dennoch ist die JEM auf ein Friedensabkommen angewiesen. Seit Bashir und Tschads Präsident Idriss Déby angekündigt haben, die Verhältnisse zwischen den Nachbarstaaten zu normalisieren, haben die Rebellen ihren Rückzugsraum im Osten Tschads verloren. Auch Geld wird knapp.
Dennoch ist der Frieden alles andere als gesichert. Außer al-Nurs SLA gibt es mindestens 14 weitere bekannte Rebellengruppen in Darfur. Anstatt sich der JEM anzuschließen, wie von deren Chef gefordert, gründeten zehn der kleinen Gruppen in Doha einen neuen Dachverband, die "Befreiungsbewegung für Gerechtigkeit". Beobachter halten zudem schon lange nicht mehr die Rebellen, sondern kriminelle Banden für das größte Friedenshindernis.
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