Joschka bei der Autolobby: „Ein Traum ist wahr geworden“
Wer mal dachte, Joschka Fischer könne nicht peinlicher zu Grunde gehen, wird eines Besseren belehrt. Am besten von ihm selbst. Schaut her!
Immer wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo Joschka Fischer her.
Diesmal sitzt er in einem Auto. Es macht klingelingeling, es macht düdelü und dann wird die Reibeisenstimme des einstigen Grünen-Idols eingeblendet. Es ist ein „wunderschönes Fahrgefühl“, sagt Joschka Fischer. „Isch bin beeindruckt.“
„Der Traum für den ehemaligen Außenminister Joschka Fischer“, hallt eine Stimme aus dem Off, „wurde wahr.“
Herzlich Willkommen auf dem You Tube-Kanal von BMW. Was dort gespielt wird, muss man sich selbst anschauen. Es geht um ein emissionsfreies Auto, um Vorzeigemobilität und ein paar sicher wichtige Sachen. Vor allem aber ist dort zu sehen, wie ein Ex-Revoluzzer eine Imagekampagne betreibt. Er wirbt für jenen Automobilkonzern, dessen Eigner neulich erst mit ihren generösen //www.taz.de/!125559/:Großspenden für CDU und FDP in die Schlagzeilen geraten sind - kurz nachdem die //www.taz.de/!124704/:deutsche Bundesregierung auf Druck der Autolobby niedrigere Klimaschutzvorgaben in Brüssel durchgesetzt hatte. Woran Deutschlands Auto-Industrie verdient, das sind vor allem dicke Schlitten.
Die //twitter.com/annalist:Bloggerin Anne Roth kommentierte das neue Joschka-Video via Twitter mit den Worten: „Liebe Grüne, ihr müsst jetzt sehr stark sein.“ Denn was sagt der Leiter des BMW-Werkes Leipzig zu Fischers Gastauftritt als Werbe-Model in dem Promo-Video? „Gerade für ihn als Vertreter der grünen Welt und des grünen Images war es etwas besonderes, in dem Fahrzeug zu sitzen und dieses Fahrzeug in Empfang zu nehmen.“
Empfohlener externer Inhalt
Joschka Fischer – ein Vertreter des grünen Images? Um diese Frage zu diskutieren, sollten die Kommentarspalten unter diesem Text ganz gut geeignet sein. Man muss diesem BMW-Mitarbeiter allerdings Sympathien zollen – er selbst sieht in dem Video aus, als könne er sich sein schelmisches Lachen gerade noch so unterdrücken.
Ob Fischer das Auto wirklich gekauft hat, wie es in dem Video nahegelegt wird – oder wieviel Geld er sich für seine Beteiligung an dessen Markteinführung hat überweisen lassen, auf diese Antwort warten wir zur Stunde noch. Aber wir nehmen schwer an: Mit Sicherheit wird der Staatsmann nur zum Listenpreis gebucht haben – und das neue Auto aus voller Überzeugung und staatspolitischer Verantwortung mit schönen Worten loben. Insofern ist das Video vielleicht ja gar kein Promo-Video, sondern eher so ein zeitgeschichtliches Dokument mit Witz. Man wird Joschka Fischer eines Tages daran messen können.
Update: Ein BMW-Sprecher teilte der taz am Montagmorgen mit, Fischer habe das Auto regulär zum Listenpreis gekauft. Es habe hierfür keine Vergünstigungen gegeben. Auch habe Fischer für die Präsentation des Autos und die Teilnahme an dem Werbefilm kein gesondertes Honorar erhalten. Fischer arbeite grundsätzlich als Berater für BMW. Es verstehe sich von selbst, dass zu den Vertragsmodalitäten keine Angaben gemacht würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch