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Joe Biden bekennt sich zu TaiwanEin wichtiges Signal

Der US-Präsident verspricht, Taiwan im Kriegsfall beizustehen. Derweil wächst die Bedrohung einer chinesischen Invasion.

Biden will Taiwan unterstützten Foto: Tyrone Siu/reuters

Peking taz | US-Präsident Joe Biden mag oftmals behäbig wirken, doch im CNN-Fernsehstudio kam das „Ja“ des US-Präsidenten wie aus der Pistole geschossen. Vor laufenden Fernsehkameras versprach der 78-Jährige so deutlich wie kein amerikanischer Staatschef vor ihm, Taiwan im Kriegsfall verteidigen zu wollen: Die US-Regierung habe eine „Verpflichtung“, dies zu tun. Zwar suche man keinen Konflikt mit China, werde aber auch „keinen Schritt zurück machen“.

Zum derzeitigen Zeitpunkt kommt eine solch deutliche Aussage einer regelrechten Offenbarung gleich. Der Konflikt zwischen China und Taiwan ist so angespannt wie seit über einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Die Zeichen, dass Peking seine Drohungen einer „Wiedervereinigung“ mit der „abtrünnigen Provinz“ auch in die Tat umsetzen könnte, haben sich zuletzt vermehrt. Die Gretchen-Frage blieb dabei stets, ob sich der demokratische Inselstaat mit 23 Millionen Einwohnern auf die US-Streitkräfte als Lebensversicherung verlassen kann oder nicht.

Die Reaktion Pekings ließ nicht lange auf sich warten. Zwar verurteilte das Außenministerium die Aussage Bidens, doch in seiner Rhetorik blieb Regierungssprecher Wang Wenbin betont sachlich: Taiwan sei eine innere Angelegenheit Chinas und „untrennbarer Teil des chinesischen Territoriums“.

Solche Standardfloskeln sind nahezu milde verglichen mit der verrohten Rhetorik, die Chinas Staatsführung mittlerweile gegen Taiwan auffährt. Die nationalistische Global Times, die im Besitz der Kommunistischen Partei ist, schrieb zuletzt in einem Tweet von der „Endlösung der Taiwan-Frage“. Und zu Beginn des Monats forderte Chinas Staatschef wiederholt den Anschluss Taiwans: „Die vollständige Wiedervereinigung unseres Landes wird und kann verwirklicht werden“.

Kampfflugzeuge im Wochentakt

Doch bei bloßen Worten bleibt es längst nicht mehr. China entsendet mittlerweile im Wochentakt Kampfflugzeuge in Richtung Taiwans, zuletzt immer öfter auch während Nachteinsätzen. Die Einschüchterungsversuche lassen sich bislang noch als rein psychologische Kriegsführung verstehen: Die Streitkräfte Taiwans sollen in konstanter Anspannung gehalten und mürbe gemacht werden.

Doch wie blitzschnell die reine Provokation zum Ernstfall werden kann, zeigte sich zuletzt am 1. Oktober. Als ein taiwanesischer Fluglotse einen eindringenden Kampf-Jet aus China anfunkte, beschimpfte der Pilot sein Gegenüber mit einer profanen Beleidigung seiner Mutter. Es braucht wenig Fantasie sich auszudenken, dass eine unüberlegte Handlung im Affekt einen militärischen Konflikt auslösen könnte.

Innerhalb Washingtons Denkfabriken wird zunehmend die Auffassung geteilt, dass eine chinesische Invasion immer wahrscheinlicher wird. Ein gängiges Narrativ beruht darauf, dass die Macht Pekings allmählich auf seinem Zenit zusteuert. Die rasante Alterung der Gesellschaft, zunehmende Haushaltsschulden und die Abhängigkeit von Energieimporten könnten schon bald zu einer deutlichen Abflachung des chinesischen Wachstums führen.

„Langfristig wäre Chinas Abstieg wohl eine gute Sache. Aber kurzfristig kreiert dies ein Jahrzehnt voller Gefahren“, schreiben die China-Experten Andrew S. Erickson und Gabriel B. Collins in einem vielbeachteten Beitrag des Magazins Foreign Policy: „Das System erkennt, dass es nur noch eine kurze Zeit hat, um einige seiner wichtigsten und lang gehegten Ziele zu erreichen“.

Zurück ins chinesische Reich

Viele europäische Diplomaten kommen zu einer anderen Einschätzung. Doch auch ihre Interpretation ist aus der Perspektive Taiwans ebenso ernüchternd: Dass Xi Jinping seine Umgestaltung der chinesischen Gesellschaft und seine aggressive Außenpolitik ohne Rücksicht auf Verluste derart rasant vorantreibt, ließe nur einen Rückschluss zu: Der 68-jährige Machthaber wolle sich noch vor seinem Ableben in den Geschichtsbüchern verewigen – indem er Taiwan wieder zurück ins chinesische Reich holt.

Militärisch wird China dazu bald die Fähigkeiten haben. Selbst Taiwans Verteidigungsminister Chiu Kuo-cheng geht davon aus, dass Pekings Volksbefreiungsarmee bis 2025 in der Lage sein dürfte, mit minimalen Verlusten eine Invasion der Insel zu starten: „Es ist die schlimmste Lage, die ich in meinen 40 Jahren im Militär erlebt habe“.

Angesichts solcher Rhetorik ist umso erstaunlicher, dass der geopolitische Konflikt im Alltag der Taiwaner kaum zu spüren ist. Die Inselbewohner haben seit Jahrzehnten gelernt, unter einer konstanten Bedrohung zu leben. Doch die scheinbare Idylle könnte trügerisch sein.

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5 Kommentare

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  • Sehr guter Artikel.

    "eine chinesische Invasion immer wahrscheinlicher wird. Ein gängiges Narrativ beruht darauf, dass die Macht Pekings allmählich auf seinem Zenit zusteuert. Die rasante Alterung der Gesellschaft, zunehmende Haushaltsschulden und die Abhängigkeit von Energieimporten könnten schon bald zu einer deutlichen Abflachung des chinesischen Wachstums führen."

    Wer sich mit China beschäftigt sollte die obige Betrachtung sollte man genau verstehen, auch wenn man die pessimistische Prognose zum Taiwankonflikt nicht 100% teilen muss.



    China hat immense Probleme/Herausforderungen. Viele davon hat das Land bisher recht gut gemeistert. Die Bürokraten und Experten in Beijing sind nicht dumm, zumindest allemal kompetenter als die Verwaltung von Berlin.

    Es ist das Spiel XI Jinpings, zu dem mir nur die Beschreibung "Aufbau einer nationalistischen Diktatur mit Personenkult" einfällt, das die GEfahr darstellt.

    Vor 2012 hatten wir (Leute mit Kontakt zu China) uns der Hoffnung hingegeben dass sich die Tendenzen zu Liberalisierung fortsetzen würden und sich von unten ein Zivilgesellschaft aufbaut mit Gegengewicht zur autoritären Zentralregierung. (von Demokratie kann man leider noch lange träumen in China).

    Xi Jinping dagegen hat es sich zum Ziel gemacht die ZIvilgesellschaft, jede politische und soziale Aktivität ausserhalb der Partei und der Parteilinie, zu unterbinden. Man muss nicht weiter als das letzte Jahr schauen wie viele industrielle (vorweg Jack Ma) und Prominente (Blogger, Schauspieler) kaltgestellt wurde. Ich mag Jack Ma nicht unbedingt aber es macht mir Angst wie mit ihm umgesprungen wurde.

    Wir befürchten das Xi Jinping sich selbst und China in eine Sackgasse manövriert in dem dann ein aus nationalistischem Pathos losgetretener Krieg einn attraktiver Ausweg darstellt.

  • In der Resolution der UN vom 25.10.1971 heißt es unmissverständlich: "„Die Vollversammlung der Vereinten Nationen […] beschließt, all die Rechte der Volksrepublik China instandzusetzen und die Vertreter ihrer Regierung als die einzigen legitimierten Vertreter Chinas in den Vereinten Nationen anzuerkennen und von nun ab die Vertreter Chiang Kai-sheks von dem Platz zu entfernen, den sie zu Unrecht in den Vereinten Nationen und all ihren Organisationen einnehmen.“ Diesen Tatbestand haben auch die USA bislang mehr oder weniger akzeptiert und sich auch an die vereinbarte Ein-China-Politik gehalten. Seit dem Schwenk nach Asien (Motto der Obama-Regierung) fahren die USA jedoch einen gefährlichen konfrontativen Kurs gegen die aufkommende Großmacht in Asien. Ca. 400 Militärstützpunkte in diesem Raum sollen die Hegemonie der USA absichern, Taiwan wäre, da nur ca. 140 von der Küste der VR China entfernt, ein idealer Stützpunkt, sozusagen ein unsinkbarer Flugzeugträger und eine elementare Bedrohung für die Sicherheit - auch für den unabdingbar notwendigen Zugang zu den internationalen Schifffahrtswegen, von denen China abhängt. Die USA sprechen von Frieden und zur Stabilität in der indopazifischen Region und der Taiwanstraße und meinen damit unverhohlen ihre Kontrolle über diesen Teil der Welt. Man kann China nur verstehen, wenn man auch die Politik der USA in Betracht zieht.

    • @Ostwind:

      danke dafür. Ich bin schockiert, was für eine Kriegstreiberei in den letzten Monaten aus der taz-Redaktion kommt. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll; schon das (völlig normalisierte) Betonen der chinesischen Manöver, wogegen jede Auseinandersetzung mit US-Säbelrasseln in der Region fehlt:

      www.aljazeera.com/...ses-in-south-china

      Jede Analyse, dass es auch um Handelsrouten geht; dass die US-militärstrategische Planung und Ausbildung seit Jahren auf Krieg mit China ausgerichtet ist; dss das US-Imperium den Zenit überschritten hat und in Panik vor dem Verlust der hegemonialen Position zugunsten einer multipolaren Weltordnung lebt; nichts davon ist in diesem Beitrag zu finden. Nur das mittlerweile üblich gewordene Narrativ der "Bedrohung China", die uns den nächsten Kriegsgrund verkaufen will.

      Nur zur Erinnerung, ALLE Kriegsgründe der letzten Jahrzehnte waren offenkundige Lügen. Irak (zweimal), Afghanistan, Libyen. Das ist dokumentiert (danke, wikileaks). Warum fallen wir jedes einzelne Mal wieder drauf rein, und jetzt zusätzlich noch in einem Kontext, der einen Weltkrieg bedeuten würde?

      • @biggerontheinside:

        Der Kriegstreiber ist eindeutig Xi Jinping. Fragen Sie mal in der Region wieviel Freunde und Verbündete China noch hat. Genau einen "Nordkorea".



        Wer sich so gegen den Zeitgeist und die Meinung der Menschen in den betroffenen Länder stellt ist gefährlicher Träumer.

    • @Ostwind:

      Nun, die USA haben und hatten keine eigene Militärflugzeuge auf Taiwan stationiert. Taiwan ist mittlerweile eine echte Demokratie. Was China daraus machen würde, können Sie in Honkong genau nachsehen. Vielleicht schreiben Sie noch ein paar Worte dazu.