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JobverlustRäderlos in Existenznot

Ist für einen Job ein Auto nötig, muss der Arbeitnehmer eben für eines sorgen, findet Lübecks Arbeitsagentur. Und sperrt einem, der das nicht konnte, die Mittel.

Viele können mit dem Bus zur Arbeit fahren - nur der Busfahrer nicht. Bild: dpa

HAMBURG | taz Als wäre der Verlust des Arbeitsplatzes nicht schon genug gewesen: Weil er ihn „grob fahrlässig“ selbst herbeigeführt habe, sperrte die Agentur für Arbeit in Lübeck dem Busfahrer Thomas Münster* das Arbeitslosengeld. Zu tun hatte das Ganze ausgerechnet mit Münsters Pkw: Den brauchte der 55-Jährige, um früh am Morgen aus seinem Wohnort Schönwalde nach Lübeck zu gelangen, wo er bei einem Verkehrsbetrieb arbeitete. Denn in Schönwalde gibt es keinen Bahnhof – und den ersten Linienbus in die Kleinstadt fuhr Münster täglich selbst.

Als sein Wagen den Dienst versagte, steckte Münster mitten in einem Privatinsolvenzverfahren, für einen neuen war kein Geld da. Nachdem er alle Urlaubs- und Überstundentage geltend gemacht hatte, schloss Münster mit dem Verkehrsbetrieb einen Aufhebungsvertrag ohne Abfindung – um einer Kündigung wegen nicht erbrachter Arbeitsleistung zuvorzukommen, die wohl vor jedem Arbeitsgericht Bestand gehabt hätte.

Die Arbeitsagentur verhängte eine zwölfwöchige Sperre und minderte die Bezugsdauer des „Arbeitslosengeldes I“ um 135 Tage. Münster klagt nun vor dem Sozialgericht. Ein Termin ist nicht in Sicht, sagt sein Anwalt Christian Helmke – „wegen Überlastung des Gerichts“.

In ihrer Klage-Erwiderung schreibt die Arbeitsagentur, ein Arbeitnehmer habe dafür Sorge zu tragen, dass er „über ein fahrfähiges Auto verfügt“. Das wisse „in Schönberg jeder arbeitswillige Arbeitnehmer“. Der Agentur sei durchaus klar, dass Münster seinen Arbeitsplatz außerhalb der Kernarbeitszeiten nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen könne – daher erwarte sie, „dass er über ein funktionsfähiges Auto verfügt“. So offen zeige die Arbeitsagentur „selten ihre zynische Einstellung“, sagt Anwalt Helmke: „Wenn du kein Geld für ein neues Auto hast, bekommst du auch kein Geld zum Überleben.“

„Die Versichertengemeinschaft kommt nur für unverschuldete Arbeitslosigkeit auf“, sagt auch Olga Nommensen, Sprecherin der Lübecker Agentur für Arbeit, der taz. Zu dem konkreten Fall könne sie aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen. In ländlich strukturierten Gebieten sei es aber schon üblich, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte „beruflich mobil“ seien und „ein Individualverkehrsmittel wie Auto, Fahrrad oder Moped besitzen“.

Um eine Arbeitsplatzaufgabe zu verhindern, ist es aus Sicht der Agentur schon zumutbar, so Nommensen, langfristig Geld für ein Ersatzfahrzeug anzusparen, ein Darlehen des Arbeitgebers in Anspruch zu nehmen oder an den Arbeitsort zu ziehen. Anwalt Helmke hofft, dass das Sozialgericht im Fall seines Mandaten nun ein Machtwort spricht.

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12 Kommentare

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  • AW
    André W.

    *kotz* Wie bekloppt kann man denn eigentlich sein??? Möchte die Damen und Herren Mißentscheider mal sehen, von denen fährt wahrscheinlich jeder noch mitm Auto zum Supermarkt 50 Meter die Strasse runter. Hoffentlich kriegen die "juristisch so richtig den Arsch versohlt"! Nee, nee, nee, in was für bodenlose Tiefen manche beim perpetualen Versuch, Mensch zu bleiben, doch abstürzen können! *schauder*

  • J
    Jessy

    >Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde Autofahrern gegenüber nichts als Verachtung!<

     

    ... sind ja nur mal kurz ca. 50 km einfach - viel Spaß ;)

  • JC
    Johnny Cynic

    Ja genau, "Stephan Mirwalt", Du fährst einfach so mit dem Fahrrad 50 Kilometer zur Arbeit und wieder zurück und das an 240 Tagen im Jahr.

    Hast Du noch mehr solche Geistesblitze für uns oder reichen Deine kognitiven Fähigkeiten nur zur Repetition Deines Credo dass Du "Autofahrer" nicht magst?

    Was soll ich gegenüber jemanden empfinden der nicht weis wovon er redet?

  • A
    Anne

    Ich hoffe, dass sich dieses Machtwort in Form eines saftigen Bussgeldes für die Argentur und einem Strafverfahren, für den betreffenden Mitarbeiter, auswirkt.

  • H
    Hans

    Bestrafen als Motivation zur Arbeitsannahme und zum Verbleib in Jobs (egal wie mies die sind) - das ist ein wichtiger Baustein der Hartz-Reformen gewesen und nun wird er entsprechend auch umgesetzt. Das ist m.M. eben gar nicht zynisch, sondern Programm dieser Art von Reform gewesen. Dass es an den Realitäten häufig scheitert, weil z.B. gar keine Vollbeschäftigung gibt, und entsprechend eben in diesem Dorf keine alternative Beschäftigung möglich ist, zeigt doch nur, dass der ganze Ansatz einfach nicht realistisch und inhuman ist.

     

    Die Haltung der Arbeitsagentur ist gar nicht illegal oder sonderbar, sondern die machen, was in diesem Gesetz steht: Zuerst fordern sie und gerade in diesem Fall sehen sie sich auf der sicheren Seite, es gibt entsprechend nichts zu fördern, sprich Strafe muss her. Dass bei einer Privatinsolvenz Kredite jeglicher Art nicht möglich sind, das zeigt einfach nur, was an der ganzen Sache eben schon nicht stimmt: Die Realitäten sind anders.

     

    Kauf der Mann ein Auto, muss er es im Zweifel an seine Schuldner wieder abgeben. Nur der Arbeitgeber hätte ihm eines stellen können, wenn er es denn gewusst und gewollt hätte, aber selbst dann wäre der geldwerte Vorteil eventuell mit seinen Verbindlichkeiten zu verrechnen gewesen. Wenn er in der nächsten Instanz gewinnt, wird das Jobcenter wahrscheinlich auch in die Berufung gehen, denn die Gesetze sind ja so hart gegen das Verschulden der Arbeitslosigkeit formuliert worden.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Warum fährt er nicht einfach mit dem Fahrrad zur Arbeit?

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde Autofahrern gegenüber nichts als Verachtung!

  • AW
    André W.

    *kotz* Wie bekloppt kann man denn eigentlich sein??? Möchte die Damen und Herren Mißentscheider mal sehen, von denen fährt wahrscheinlich jeder noch mitm Auto zum Supermarkt 50 Meter die Strasse runter. Hoffentlich kriegen die "juristisch so richtig den Arsch versohlt"! Nee, nee, nee, in was für bodenlose Tiefen manche beim perpetualen Versuch, Mensch zu bleiben, doch abstürzen können! *schauder*

  • J
    Jessy

    >Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde Autofahrern gegenüber nichts als Verachtung!<

     

    ... sind ja nur mal kurz ca. 50 km einfach - viel Spaß ;)

  • JC
    Johnny Cynic

    Ja genau, "Stephan Mirwalt", Du fährst einfach so mit dem Fahrrad 50 Kilometer zur Arbeit und wieder zurück und das an 240 Tagen im Jahr.

    Hast Du noch mehr solche Geistesblitze für uns oder reichen Deine kognitiven Fähigkeiten nur zur Repetition Deines Credo dass Du "Autofahrer" nicht magst?

    Was soll ich gegenüber jemanden empfinden der nicht weis wovon er redet?

  • A
    Anne

    Ich hoffe, dass sich dieses Machtwort in Form eines saftigen Bussgeldes für die Argentur und einem Strafverfahren, für den betreffenden Mitarbeiter, auswirkt.

  • H
    Hans

    Bestrafen als Motivation zur Arbeitsannahme und zum Verbleib in Jobs (egal wie mies die sind) - das ist ein wichtiger Baustein der Hartz-Reformen gewesen und nun wird er entsprechend auch umgesetzt. Das ist m.M. eben gar nicht zynisch, sondern Programm dieser Art von Reform gewesen. Dass es an den Realitäten häufig scheitert, weil z.B. gar keine Vollbeschäftigung gibt, und entsprechend eben in diesem Dorf keine alternative Beschäftigung möglich ist, zeigt doch nur, dass der ganze Ansatz einfach nicht realistisch und inhuman ist.

     

    Die Haltung der Arbeitsagentur ist gar nicht illegal oder sonderbar, sondern die machen, was in diesem Gesetz steht: Zuerst fordern sie und gerade in diesem Fall sehen sie sich auf der sicheren Seite, es gibt entsprechend nichts zu fördern, sprich Strafe muss her. Dass bei einer Privatinsolvenz Kredite jeglicher Art nicht möglich sind, das zeigt einfach nur, was an der ganzen Sache eben schon nicht stimmt: Die Realitäten sind anders.

     

    Kauf der Mann ein Auto, muss er es im Zweifel an seine Schuldner wieder abgeben. Nur der Arbeitgeber hätte ihm eines stellen können, wenn er es denn gewusst und gewollt hätte, aber selbst dann wäre der geldwerte Vorteil eventuell mit seinen Verbindlichkeiten zu verrechnen gewesen. Wenn er in der nächsten Instanz gewinnt, wird das Jobcenter wahrscheinlich auch in die Berufung gehen, denn die Gesetze sind ja so hart gegen das Verschulden der Arbeitslosigkeit formuliert worden.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Warum fährt er nicht einfach mit dem Fahrrad zur Arbeit?

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde Autofahrern gegenüber nichts als Verachtung!