■ Mit Pleiten auf du und du: Jobkiller Konkurs
Berlin (taz) – 210.000 Firmen sind 1997 in der EU bankrott gegangen, meldet der Mittelständler-Verband Creditreform. Das ist zwar ein Rückgang von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr – aber dennoch kein Grund zur Freude. Denn durch den Konkurs ihres Arbeitgebers haben 1,8 Millionen Beschäftigte in Europa ihren Arbeitsplatz verloren. Die allermeisten Pleitefirmen sind kleine Betriebe mit bis zu einem Dutzend Mitarbeitern. Hätten die Pleiten verhindert werden können, dann würde die EU-weite Arbeitslosigkeit nicht bei durchschnittlich 10,7 Prozent liegen, sondern im einstelligen Bereich.
Ein Problem sind die vielen Pleiten nicht nur für die Arbeitnehmer, sondern auch für andere Firmen. Denn mit durchschnittlich 900.000 Mark stehen die bankrotten Betriebe bei ihren Gläubigern in der Kreide. 187 Milliarden Mark haben Gläubiger auf diese Weise europaweit letztes Jahr verloren. Die Gläubiger sind nicht nur Banken, sondern viel häufiger andere Kleinbetriebe: die Lieferanten. Verspätet oder gar nicht mehr eingehende Zahlungen können wiederum andere Firmen in den Bankrott treiben.
Die meisten Staaten Europas weisen rückläufige Pleitezahlen auf, nur nicht Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Deutschland. Hierzulande haben die Insolvenzen gegenüber dem Vorjahr sogar um 8,4 Prozent auf 34.100 zugenommen. Die meisten Konkurse verzeichnet Frankreich mit 66.000 Fällen. Auf 10.000 Unternehmen kommen dort 300 Pleiten im Jahr. In der Bundesrepublik Deutschland gingen im vergangenen Jahr 107 von 10.000 Firmen in Konkurs.
Eine Ursache für die unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen EU-Staaten sieht Creditreform in den Investitionen. In den Problemländern Frankreich und Italien stagnierten die Investitionen in den neunziger Jahren, in Deutschland waren sie seit 1992 sogar um 7 Prozent rückläufig.
Auch bei den Unternehmensgewinnen gibt es eine Korrelation zu den Pleiten: In Frankreich und Deutschland streichen die Betriebe im europäischen Vergleich die dürftigste Umsatzrendite ein. Ob das nun an der zu geringen Gewinnorientierung oder den zu hohen Steuern in diesen Ländern liegt, läßt Creditreform offen. lieb
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