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Jede Menge Übung für Konfliktbewältiger

■ Die Kasse stimmt nicht, aber zum Gipfel ist Afrikas OAU mit sich selbst zufrieden

Berlin (taz) – Salim Ahmed Salim, Generalsekretär der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), hatte eine Sensation zu verkünden. „Niemals in ihrer Geschichte“ sei die Organisation „so erfolgreich gewesen wie in den letzten vier Monaten“, erklärte der theoretisch höchste Diplomat Afrikas staunenden Journalisten. Der Erfolg bestand aus einer Kampagne in eigener Sache: Pünktlich zum Abschluß des OAU-Außenministertreffens in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba, das zugleich das Vorspiel zum heute beginnenden richtigen OAU-Staatengipfel bildet, hätten die OAU- Mitgliedsstaaten ausstehende Beiträge in Millionenhöhe nachgezahlt – allein im Laufe des Juni 20 Millionen Dollar, zwei Drittel des OAU-Jahreshaushalts. Nun beträgt die Fehlsumme „nur“ noch 43 Millionen Dollar.

Für seinen Erfolg mußte Salim hart durchgreifen. Er wollte zuletzt chronische Nichtzahler mit sofort wirksamen Sanktionen wie Stimm- und Redeverbot belegen, was einem faktischen Ausschluß aus der OAU gleichkäme. Dummerweise zählten zu den betroffenen Ländern aber so zentrale Krisenherde wie Ruanda, Burundi, Zaire und Sudan, und ohne diese hätte Salims ganzer Stolz, der erst 1993 eingerichtete OAU-Krisenbewältigungsmechanismus mit dem schönen Akronym MOPGRC, kaum noch etwas zu tun. Der Showdown blieb aus: Die meisten säumigen Staaten haben jetzt doch noch ein paar Dollar gezahlt, und im Gegenzug, so beschlossen die Außenminister, treten die Sanktionsbeschlüsse vorerst nicht in Kraft.

Die oft als „Präsidentengewerkschaft“ verspottete OAU hat seit der Gründung des „Krisenbewältigungsmechanismus“ 1993 etwas an Relevanz gewonnen, was aber das Streitpotential eher steigert. Weniger Visionen, dafür mehr Problemdiskussionen stehen an als beim letztjährigen Gipfel in Tunis, der vom Völkermord in Ruanda und der Demokratisierung Südafrikas bestimmt war. Nelson Mandela ist diesmal gar nicht dabei – dafür kommen aus Somalia mit Farah Aidid, Ali Mahdi und Osman Ato gleich drei Delegationschefs, die auf Aufmerksamkeit hoffen.

Aufmerksamkeit wird die OAU wohl der Krise in Burundi widmen, wo sie sich rühmt, durch die Stationierung von Militärbeobachtern einen Völkermord verhindert zu haben. Beim letzten MOPGRC- Treffen im April rief Burundis Präsident Sylvestre Ntibantunganya die OAU zur Förderung einer Armeereform auf. Nun hofft die Organisation für Burundi und Ruanda auf versöhnliche Gesten, ähnlich wie beim letzten Gipfel, als sich Ruandas Kriegsparteien mitten im Völkermord zu einem Waffenstillstand hinreißen ließen.

Der Wunsch, die OAU könnte Gespräche zwischen Ruandas Regierung und dem nach Zaire geflohenen früheren Regime vermitteln, erhielt letzte Woche zunächst Nahrung, dann einen kräftigen Rückschlag. Am Dienstag sagte Ruandas Informationsminister Jean-Baptiste Nkuliyingoma, seine Regierung sei „bereit, mit jedermann zu reden und zu verhandeln“, was die kürzlich unter den Hutu-Flüchtlingen in Zaire gegründete Partei RDR (Sammlung für Rückkehr nach und Demokratie in Ruanda) vorsichtig begrüßte. Dann aber schrieb eine „Ruandische Flüchtlingsgemeinschaft“ mit Sitz in Gabun der OAU einen offenen Brief, in dem von einem „Tutsi-Reich“ in Zentralafrika unter Führung Ugandas phantasiert und die Stellung Ruandas unter UNO- Verwaltung verlangt wurde. Daraufhin schäumte Ruandas Außenminister Anastase Gasana: Die RDR sei eine Sammlung „afrikanischer Nazis“. Während sich danach in Addis Abeba die Vertreter Ruandas und Zaires heftig stritten, besuchte Zaires Premier Kengo wa Dondo die ruandischen Flüchtlingslager im Osten seines Landes und forderte ihre Insassen unter deren Applaus zur Rückkehr nach Ruanda auf. Das steigert die Wahrscheinlichkeit militärischer Aktionen bewaffneter Flüchtlinge.

Verdüstert ist der OAU-Himmel auch durch einen anderen Streit: Pünktlich zum Gipfeltreffen ließ die Regierung von Eritrea in der eritreischen Hauptstadt Asmara die versammelte sudanesische Opposition aufmarschieren und die Bildung eines „Politisch- Militärischen Komitees“ zum Sturz des islamistischen Regimes im Sudan verkünden. Aus der Sicht der sudanesischen Opposition ist dies ein Durchbruch, nachdem mit dem Abschluß eines Freundschaftsvertrages zwischen Sudan und Uganda vor wenigen Wochen der bisherige engste Verbündete der südsudanesischen Rebellen verlorenging. Doch nun hat Sudan „Sicherheitsmaßnahmen“ an der gemeinsamen Grenze angekündigt, und auch die Vertreter Eritreas und Sudans in Addis Abeba beschimpfen sich so heftig, daß Salim Ahmed Salims Krisenbewältigungsmechanismus womöglich bald auch hier in Aktion treten muß. Dominic Johnson

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