: Jede Menge Bargeld
Schiedsrichter Uroš Nikolić wird vorerst keine Basketballspiele in der Euroleague leiten. Der Serbe soll in Kontakt zu einem Verbrecherkartell stehen
Von Ferry Batzoglou
Die Hausdurchsuchung in der Wohnung des serbischen Top-Schiedsrichters Uroš Nikolić hatte sich gelohnt. 250.000 Euro Bargeld, Goldbarren sowie teure Armbanduhren wurden vergangenen Mittwoch gefunden. Das bestätigten die serbischen Polizeibehörden. Nikolić wurde festgenommen. Die Ermittlungen zur Herkunft des Geldes und der anderen Wertgegenstände seien umgehend eingeleitet worden.
Wie die Euroleague am Donnerstag bekannt gab, werde Nikolić „angesichts der jüngsten Berichte in verschiedenen Medien über seine Festnahme durch die serbischen Behörden bis zum Abschluss der Ermittlungen der lokalen Behörden und der internen Bewertung durch Euroleague Basketball von allen Euroleague-Basketball-Wettbewerben ausgeschlossen.“
Der 40-jährige Nikolić gilt als einer der profiliertesten Schiedsrichter der Euroleague. In dieser Saison leitete er insgesamt vier Begegnungen, darunter die Partie am 30. September zwischen Panathinaikos Athen und dem FC Bayern München zum Auftakt der aktuellen regulären EuroLeague-Saison 2025/26, das Gastgeber Panathinaikos mit 87:79 für sich entschied. Der Serbe leitete auch das Spiel um den dritten Platz beim Final-Four-Turnier in Köln zum Abschluss der EuroLeague-Saison 2020/21 zwischen AX Armani Mailand und ZSKA Moskau (83:73) sowie das Spiel um den dritten Platz bei den Final Four in Berlin zum Abschluss der Euroleague-Saison 2023/24 zwischen Olympiakos Piräus und Fenerbahce Istanbul (87:84).
Nikolić stehe im Verdacht, Verbindungen zu der berüchtigten kriminellen Vereinigung „Vračarci“ zu haben, wie serbische Medien übereinstimmend berichteten. Serbiens Innenminister Ivica Dačić sagte, Nikolić habe mutmaßlich als „Kassenwart der Vračarci-Gruppe“ fungiert. Wie der serbische Polizeidirektor Dragan Vasiljevic sagte, habe die Kriminalpolizei Serbiens in Zusammenarbeit mit Europol und Eurojust große, separate Festnahmeaktionen in der Causa „Vračarci“ durchgeführt. Dabei seien 29 Personen in Serbien, Spanien und Dubai festgenommen worden – darunter Nikolić.
Die Organisation „Vračarci“ soll in Serbien mit Morden, Erpressungen, Bombenangriffen, Brandstiftungen und andere Gewalttaten in Verbindung stehen. Laut den Ermittlungsbehörden hat „Vračarci“ enge Kontakte zu anderen kriminellen Organisationen in Serbien und anderen Ländern Europas. Ihre Anführer Nikola Vušović und Uroš Piperski sind in Deutschland beziehungsweise Portugal inhaftiert.
Nikolić’ Leistungen auf dem Spielfeld sorgten in der Vergangenheit für großen Unmut. Nach der Eurolague-Partie der beiden griechischen Vertreter zwischen Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen am 14. März 2025, die der Gastgeber Piräus mit 76:74 knapp für sich entschied, wurde Nikolić nach heftigen Beschwerden seitens Panathinaikos Athen über seine Schiedsrichterleistung von der Euroleague abgemahnt.
Auffällig wurde Nikolić auch in der Adriatischen Basketballiiga (ABA-Liga), wo maßgeblich Vereine aus dem ehemaligen Jugoslawien antreten. Roter Stern Belgrad zeigte Nikolić 2021 an und forderte das sofortige Einschreiten der Adriatischen Liga. Laut Roter Stern ist nach dem Spiel gegen den slowenischen Klub Cedevita Olimpija die Schiedsrichterkabine „vollständig zerstört vorgefunden“ worden. Roter Stern äußerte sich verwundert darüber, dass der Vorfall im offiziellen Spielbericht des Schiedsrichters keinerlei Erwähnung gefunden habe.
Inwieweit die Vorwürfe gegen Nikolić mit seiner Tätigkeit als Referee für die Euroleague in Zusammenhang stehen, ist nicht bekannt. Die Euroleague stellt den in sportlicher und finanzieller Hinsicht bedeutendsten aller Klubwettbewerbe im Herren-Basketball in Europa dar. Bei der „Königsklasse“ Euroleague handelt es sich um eine teilweise geschlossene Liga. Das Gros der Teilnehmerplätze wird mit Klubs mit dauerhaftem Teilnahmerecht belegt. Die übrigen Vereine sichern sich die Teilnahme durch die Zuteilung einer Wildcard. Die Pläne der nordamerikanischen NBA, ihr Geschäftsfeld nach Europa auszuweiten, könnten die Stellung der Euroleague als dominierende Kraft im europäischen Klubbasketball indes in Gefahr bringen. Ein möglicher Manipulationsfall käme da äußerst ungelegen.
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