Japanische Regierung unter Druck: Wiederaufbauminister tritt zurück
Erneut muss ein Minister der Kan-Regierung seinen Hut nehmen – nach nur einer Woche Amtszeit. Auch die Rufe nach einen Rücktritt von Regierungschef Kan werden lauter.
BERLIN taz | Erfolgreiches Krisenmanagement sieht anders aus. Schon am achten Tag nach seinem Amtsantritt als Japans erster Wiederaufbauminister ist Ryu Matsumoto am Dienstag zurückgetreten. Der 60-jährige frühere Minister für Umwelt- und Katastrophenschutz beugte sich damit der öffentlichen Empörung. Die hatten seine arroganten Auftritte am Wochenende in zwei von Erdbeben, Tsunami und Atom-GAU betroffenen Präfekturen ausgelöst.
In Miyagi hatte sich Matsumoto Medienberichten zufolge geweigert, dem Gouverneur die Hand zu geben, weil dieser sich verspätet hatte. Journalisten, die seine damit einhergehenden abfälligen Bemerkungen registrierten, bedrohte er, sollten sie über seine als nichtöffentlich gemeinten Äußerungen berichten. Zugleich räumte der aus dem Süden stammende Politiker ein, mit der Geografie der nördlichen Katastrophenregion gar nicht vertraut zu sein. Dem Gouverneur von Iwate sagte er, geholfen werde nur den Kommunen, die gute Vorschläge machten. Andere dürften sich keine Hilfe ausrechnen.
Matsumotos Äußerungen kursierten kurz darauf in Videoportalen wie YouTube und lösten Empörung aus. Mit Matsumotos Ernennung hatte der unter starkem innenpolitischen wie innerparteilichen Druck stehende Ministerpräsident Naoto Kan versucht, Handlungsfähigkeit zu beweisen und seine eigenen Umfragewerte zu verbessern.
Kan hatte im Juni ein Misstrauensvotum nur überstanden, weil er seinen eigenen baldigen Rücktritt in Aussicht stellte. Dessen Termin blieb aber offen. Matsumoto ist schon der vierte Minister, den der erst seit einem Jahr amtierende Kan verliert.
Nachtragshaushalt verabschiedet
Matsumotos Rücktritt überschattete auch die von Kan vorgesehene gute Nachricht des Tages, nämlich die Verabschiedung des zweiten Nachtragshaushalts für den Wiederaufbau. Nachdem bereits im Mai das Parlament für einen Notetat von umgerechnet 34 Milliarden Euro gestimmt hatte, sind jetzt weitere 17 Milliarden Euro vorgesehen. Das Parlament muss aber noch zustimmen.
Als Nachfolger Matsumotos wurde noch am Dienstag der bisherige stellvertretende Kabinettsminister Tatsuo Hirano ernannt. Der frühere Landwirtschaftsbeamte stammt im Unterschied zu Matsumoto immerhin aus der besonders betroffenen Katastrophenpräfektur Iwate.
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