Japan und der Kernfusions-Reaktor Iter: Länger warten auf die Sonne
Der Forschungsreaktor Iter soll wie die Sonne durch Kernfusion Energie produzieren. Doch der Bau in Frankreich verzögert sich, weil Japan wichtige Bauteile nicht liefert.
BERLIN taz | Der Traum von der billigen, sauberen und unerschöpflichen Energie aus der Kernfusion rückt noch weiter in die Ferne. Der Bau des europäischen Versuchsreaktors Iter verzögert sich um "mindestens ein Jahr", hat der japanische Vizeminister für Technologie, Yasutaka Moriguchi, nach Angaben der Iter-Betreiberfirma erklärt.
Die Fraktion der Grünen im Bundestag fordert deshalb einen Baustopp und eine "ernsthafte Überprüfung und Neubewertung des Iter-Projekts", wie es in einem Antrag heißt, der kommende Woche ins Parlament eingebracht werden soll.
Grund der erneuten Verzögerung des Iter-Projekts sind nach Informationen von Moriguchi die Folgen von Erdbeben und Tsunami in Japan. Das Land liefert wichtige Teile für den Bau im südfranzösischen Cadarache. Doch im Naka Fusion Institute, nördlich von Tokio seien die Gebäude, in denen unter anderem Magneten für das Projekt erforscht werden, schwer beschädigt und gesperrt worden.
Nach Informationen der Grünen könnten die Zerstörungen sogar zu Verzögerungen von "mehreren Jahren" führen. Unklar ist auch, ob Japan weiter zu seiner großen finanziellen Verpflichtung für den Iter steht. Bisher ist das Land wie andere Staaten mit 9 Prozent an den Kosten von inzwischen 16 Milliarden Euro beteiligt. Am Freitag wurden die durch die Naturkatastrophe verursachten Schäden für die japanische Volkswirtschaft – ohne die Kosten von Fukushima – auf 147 Milliarden Dollar fixiert.
EU begrenzte Finanzierung
Damit wird das Iter-Projekt wohl wieder einmal in die Zukunft hinausgeschoben. Der Bau sollte nach bisheriger Planung bis 2018 abgeschlossen sein und etwa 2050 Strom produzieren. Die prognostizierten Kosten für die "Sonne auf Erden" sind astronomisch und bereits von etwa 5 auf 16 Milliarden Euro gestiegen.
An dem Forschungsprojekt sind neben der EU und Japan auch Indien, China, Südkorea, Russland und die USA beteiligt. Ursprünglich hatte sich Japan auch mit einem Standort um den Bau des Iter beworben. Die EU hat ihren Anteil an der Finanzierung 2010 auf 6,6 Milliarden Euro begrenzt. Deutschland finanziert über die Euratom-Verträge davon etwa 1,3 Milliarden. Diese Ausgaben sind nach Angaben des Bundesforschungsministeriums vom Atomausstieg völlig unabhängig und werden weitergezahlt.
Für die Grünen ist das die falsche Konsequenz aus dem Atomunfall in Fukushima. Die Bundesregierung solle sich in der EU für ein Moratorium des Baus einsetzen, für den in Südfrankreich derzeit die Baugrube ausgehoben wird. Erst müsse geklärt werden, welche Auswirkungen Japans Probleme auf Zeitplan und Kosten des Projekts hätten, ob es zusätzliche Anforderungen an die Erdbebensicherheit gebe, da der Standort Cadarache von Erdbeben bedroht sei, und wie die "gigantischen Mehrkosten" finanziert werden sollen.
"Es ist mehr als überfällig", schreiben die Grünen, "die Förderung der Kernenergie durch Euratom mit Geldern der Mitgliedsstaaten einzustellen und die Mittel auf Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor radioaktiver Strahlung zu konzentrieren."
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