Jan Zier über die Personalpolitik der Bremer Grünen: Kein Wechsel ist auch keine Lösung
Karoline Linnert hat sich viele Verdienste erworben. Nicht nur um die Sanierung der maroden Bremer Finanzen, sondern auch um die Grünen: Unter ihrer Führung wurde die Partei drei Legislaturperioden hintereinander in die Landesregierung gewählt.
Jetzt soll sie „entscheidend mitgestalten“, wenn ab 2020 wieder mehr Geld auszugeben ist. Das ist menschlich verständlich. Aber Dankbarkeit ist nur bei Verdienstmedaillen eine relevante Größe – nicht bei Wahlen. Und die gewinnt man nicht für so etwas Abstrakt-Lebensfremdes wie die gesunkene Neuverschuldung eines Bundeslandes. Schon gar nicht, wenn die eigene Wählerklientel gerade nicht weiß, wohin mit den Kindern, wenn Geld für Kitas, Schulen, Hochschulen und Kliniken fehlt, wenn ein Sanierungsstau in kaum vorstellbarer Höhe sich paart mit fehlendem Wohnraum zu bezahlbaren Preisen, wenn die soziale Spaltung immer weiter wächst. Die Grünen haben ihren potenziellen WählerInnen gerade wenig anzubieten. Auch wenn das nicht immer ihre Schuld ist, etwa beim Klimaschutz, wo die selbst gesetzten Ziele auch verfehlt wurden. Ihr markantester Erfolg? Die Billigfleischbremse, also die Umstellung der öffentlichen Verpflegung auf regionale und biologische Kost. Es ist der Erfolg des grünen Außenseiters Jan Saffe.
In ihren traditionellen Hochburgen haben die Linken den Grünen schon bei der letzten Bundestagswahl den Rang abgelaufen. Sie machen in Bremen eine konstruktive Oppositionspolitik, die selbst beim politischen Gegner geachtet wird – also etwas, wofür einst auch Linnert gelobt wurde. Hinzu kommt neue politische Konkurrenz aus dem grün-affinen Milieu der Bürgerinitiativen, das sich von den Parteien abwendet. Und ein Spitzenkandidat der politisch schwachen und ansonsten erneuerungsresistenten CDU, der ausnahmsweise mal genau das symbolisiert, was die schon lange gerne wäre: eine moderne Großstadtpartei. Und die Grünen? Werden jetzt gerne als regierungsmüde beschrieben. Da wäre ein Signal des Aufbruchs gefordert. Stattdessen verpassen sie – einst für regelmäßigen Wechsel an der Spitze angetreten! – genau dafür erneut den richtigen Zeitpunkt. Während Linnert also denselben Fehler macht wie zuvor Marieluise Beck, ist der Klüngel an der Parteispitze damit beschäftigt, bis 2023 die Verteilung aller Posten auszubaldowern.
Linnert tut weder sich noch den Grünen einen Gefallen, wenn sie erneut Spitzenkandidatin wird. Es droht eine Niederlage, die alles vernichtet, was sie aufgebaut hat. Aufstieg und Fall der Grünen könnten am Ende einen Namen haben: Karoline Linnert.
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