Jalloh-Aktivist über neue Ermittlungen: „Wir erwarten nicht mehr viel“
Moucar Bah glaubt nicht, dass die Staatsanwaltschaft Dessau den Tod von Oury Jalloh wirklich aufklären will. Die Ermittlungen seien nur öffentlichem Druck geschuldet.
taz: Herr Bah, Staatsanwaltschaft Dessau hat zum ersten Mal Zweifel geäußert, dass Oury Jalloh sich selbst angezündet hat. Sie will erneut ermitteln – wie Ihre Initiative gefordert hat. Sind sie zufrieden?
Mouctar Bah: Zufrieden bin ich an dem Tag, an dem wir wissen, was geschehen ist. Wir kämpfen seit neun Jahren um Aufklärung, da werde ich nicht so früh von einem Erfolg sprechen.
Was versprechen Sie sich von den Ermittlungen?
Wir erwarten nicht mehr viel von der Dessauer Staatsanwaltschaft. Alles, was sie jetzt tun will, hätte sie bereits 2005 tun sollen. Sie hätten damals den Leichnam richtig untersuchen sollen, sie hättem damals die Asche auf Reste von Brandbeschleuniger untersuchen müssen. All das haben sie nicht getan. Wir glauben, dass sie sie auch diesmal nur an der Oberfläche bleiben werden und dann sagen: Wir konnten nichts feststellen, wir stellen die Ermittlungen ein.
Wenn die Staatsanwaltschaft, wie Sie glauben, kein Interesse an der Aufklärung des Falles hat – warum macht sie sich dann jetzt die Mühe und leitet ein neues Verfahren ein?
Wir haben im November ein eigenes Brandgutachten präsentiert. Das hat belegt, dass das Feuer nicht so entstanden sein kann, wie die Justiz immer anzunehmen behauptet hat. Die Presse hat über diese Erkenntnisse berichtet, dadurch gab es öffentlichen Druck. Darauf reagiert die Staatsanwaltschaft jetzt.
Sie wollten, dass der Generalbundesanwalt ermittelt. Doch der hat ihre Anzeige gegen die Polizei des Landes Sachsen-Anhalt nach Dessau weitergeleitet. Warum wäre das Verfahren in Karlsruhe besser aufgehoben gewesen?
Oury Jalloh starb in Sachsen-Anhalt, die Polizei und die Justiz musste dort gegen sich selbst ermitteln. Dabei ist, wie wir gesehen haben, nichts heraus gekommen. Natürlich haben wir uns von einer übergeordneten Bundesbehörde mehr versprochen und deshalb die Anzeige in Karlsruhe gestellt. Aber leider war der Generalbundesanwalt der Meinung, er sei für den Fall nicht zuständig.
ist der Gründer der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh und war Oury Jallohs Freund.
Karlsruhe ermittelt nicht, den Dessauern trauen sie nicht – dann ist die Sache jetzt für Sie also gelaufen?
Natürlich nicht. Wir haben 2005 mit einer privat finanzierten, zweiten Obduktion schwere Kopfverletzungen an Oury Jallohs Leiche feststellen lassen können, die bei der staatsanwaltschaftlichen Obduktion angeblich übersehen wurden. Im November haben wir mit dem Brandgutachten gezeigt, dass Jalloh das Feuer nicht selbst gelegt haben kann. Als nächstes werden wir ein neues gerichtsmedizinisches Gutachten beschaffen. Der Sachverständige soll prüfen, ob die bisherigen medizinischen Feststellungen zum Tod von Oury Jalloh haltbar sind.
Das heißt, sie wollen die Leiche untersuchen lassen?
Erstmal nicht. Der Gerichtsmediziner soll sich zunächst auf die Akten stützen. Wenn er dann aber der Meinung ist, eine Untersuchung der Gebeine sei notwendig, werden wir das veranlassen. Dazu müssen wir allerdings nach Guinea reisen. Dorthin haben wir die Leiche nach der Obduktion 2005 überführen lassen, damit er bei seiner Familie beerdigt werden konnte.
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