Jahrestreffen von IWF und Weltbank: Wirtschaftshüter ohne Rezepte
Die Staatsschuldenprobleme in Europa und den USA überschatten das diesjährige Treffen von Währungsfonds und Weltbank. Eine Lösung haben auch sie nicht parat.
BERLIN taz/dapd | Verkehrte Welt: Das Pro-Kopf-Einkommen der Chinesen liegt immer noch weit hinter dem der EU-Länder. Dennoch ruht die Hoffnung auf China. Es mehren sich die Stimmen, mit seinen großen Außenhandelsüberschüssen könne China Europa aus der Krise helfen. Weltbankpräsident Robert Zoellick warnte vor überzogenen Erwartungen. Wenn das arme China das reiche Europa retten soll, werde es in China Widerstand geben, prophezeite er.
Die sich immer weiter zuspitzenden Staatsschuldenkrisen in den alten Industrieländern überschatten die diesjährige Herbsttagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF), die am Freitag in Washington beginnt. Zuvor haben sich am Donnerstagabend ebenfalls in der US-amerikanischen Hauptstadt die G-20-Finanzminister getroffen. Auch dort lautete das Thema: Krise.
Die neue IWF-Chefin Christine Lagarde warnte Anfang der Woche, dass die großen Volkswirtschaften in eine Rezession abzugleiten drohen, die noch dramatischer ausfallen könne als nach der Lehman-Pleite 2008. Denn anders als vor zwei Jahren werde es keine Rettungsgelder geben. Entsprechend senkte der IWF seine Wachstumsprognose sowohl für die USA als auch für die EU-Staaten. IWF-Chefökonom Oliver Blanchard sprach von einer "gefährlichen neuen Phase" der Weltwirtschaft. Investoren würden vielen Staaten kaum mehr zutrauen, ihre Schulden in den Griff zu bekommen.
Ob auf dem zweitägigen Treffen Durchbrüche zu erwarten sind oder gar der IWF selbst Lösungen parat hat - damit ist nicht zu rechnen. Die USA setzen auf ein neues Konjunkturprogramm und eine noch lockerere Geldpolitik. Erstmals seit 50 Jahren hat die Notenbank Federal Reserve (Fed) am Mittwoch beschlossen, in großen Mengen kürzer laufende Staatsanleihen durch lang laufende Staatsanleihen zu tauschen. Auf diesem Weg will die Fed für noch billigere Kredite sorgen, ohne jedoch selbst neues Geld in das System zu pumpen. Berlin und Brüssel wollen weiter sparen.
Weder auf der Tagesordnung der IWF-Weltbank-Tagung noch auf dem G-20-Finanzministertreffen steht das Thema Finanztransaktionssteuer. Dabei haben mehr als 1.000 Ökonomen in einem offenen Brief die G-20-Regierungen aufgefordert, eine solche Steuer einzuführen, die einen Steuersatz zwischen 0,05 und 0,5 Prozent auf jedes Börsengeschäft vorsehen würde. Diesem Aufruf haben sich auch 107 deutsche Ökonomen angeschlossen, darunter der ehemalige Wirtschaftsweise Jürgen Kromphardt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäube (CDU), Frankreich und andere EU-Länder befürworten die Steuer inzwischen und erwägen gar einen Alleingang. US-Finanzminister Timothy Geithner hat eine solche Steuer abgelehnt, ebenso wie das vom Finanzmarkt getriebene Großbritannien.
Begleitet werden der Beginn der Tagung und der G-20-Gipfel von ökonomischen Hiobsbotschaften: An den Börsen gab es Kurseinbrüche. Das von Schulden gebeutelte Italien senkte seine Wachstumsprognose. Die Ratingagentur Moodys stufte die Bonitätsnoten von drei US-Großbanken herunter, weil die US-Regierung kein Geld mehr habe, um sie im Notfall vor dem Kollaps bewahren zu können.
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